Die Le Mans Endurance Series lässt den Geist der früheren Langstrecken-Weltmeisterschaft mit ihren 1.000-Kilometer-Rennen neu aufleben. Trotzdem ist sie mit keinem Klassiker-Schaulaufen zu vergleichen. Denn im Hintergrund arbeiten Audi und Peugeot an der kommenden Prototypen-Generation. Die Szene sieht einer technologischen Umwälzung entgegen. Darauf hoffen auch manche Porsche-Teams. Zurzeit können sie höchstens um Klassensiege kämpfen. Ihr ältester Vertreter sicherte sich den GT2-Titel 2005.
Pescarolo, Audi, Courage: Die Le Mans Endurance Series geht mit den erfolgreichsten Namen des 24-Stunden-Klassikers auf Tour. Fünf 1.000-Kilometer-Rennen machten den Kalender 2005 aus. Berühmte Strecken wie Spa-Francorchamps, Monza, Silverstone oder Nürburgring mischten sich mit dem neuzeitlichen Kurs vor den Toren Istanbuls. Das Starterfeld ist so umfangreich wie bunt gemischt. In Deutschland waren 44 Teams mit von der Partie – ebensoviele wie 1984 beim Rennen zur Langstrecken-Weltmeisterschaft für Gruppe-C-Sportwagen. Der wesentliche Unterschied zu damals: kaum Breitenwirkung. An den Fahrzeugen liegt das nicht. Sie sind mitunter zwar einige Jahre alt, aber nach wie vor faszinierend laut und schön. Offenbar fehlt Prominenz in den Cockpits, um mehr Zuschauer anzuziehen. Von DTM-Aussteigern wie Uwe Alzen, Peter Dumbreck, Manuel Reuter oder Laurent Aiello hätte Magnetkraft ausgehen können.
Doch bezahlte Cockpits sind selten. Die Mehrheit der Fahrer erkauft sich ihre Plätze entweder mit eigenem Geld oder Sponsoren. So war es immer schon bei den Sportwagen. Die wenigen Vollprofis sind meist Briten oder Franzosen. Neuerdings gesellt sich auch Japan als Mutterland hinzu. Daran war ausgerechnet ein Däne beteiligt. Denn Le-Mans-Veteran John Nielsen formte Hayanari Shimoda zum Supertalent, das im englischen Zytek-Prototyp Glanzleistungen vollbringt. Der junge Sohn Nippons triumphierte an Nielsens Seite in Spa-Francorchamps und später mit dem gleichaltrigen Tom Chilton auf dem Nürburgring. Daran liegt leider auch das Kernproblem: Protagonisten wie Shimoda, Chilton oder Prototypen-Fabrikant Zytek kennen die Massen nicht. Auch im einzigen Audi R8 sitzen mit Stéphane Ortelli und Allan McNish zwar richtig gute Profis, aber eben keine Superstars.
Dasselbe trifft auch auf Nicolas Minassian im DBA4-Judd oder die Pescarolo-Boys Emmanuel Collard und Jean-Christophe Bouillion zu. Dass ihnen Formel-1-Format nachgesagt wurde, wissen nur noch Insider. Anders läge der Fall, käme Porsche bereits 2006 in die Zweisitzer-Liga zurück. Das brächte den Glanz alter Tage zurück in die Arenen. Doch davon dürfen vorerst nur die US-Veranstalter der American Le Mans Series schwärmen. In Europa wechseln sich weiterhin reiche Privatiers mit einer Handvoll Berufsfahrer ab. Einer zieht daraus seine eigenen Schlüsse, obwohl gerade erst Mittzwanziger und werdender Vater. Marc Lieb sicherte sich gemeinsam mit dem Franzosen Xavier Pompidou den GT2-Titel. Sein Porsche 911 GT3-R datiert auf das Modelljahr 2000 zurück und ist der älteste vor Ort. Hugh Hayden und seine britische Sebah-Mannschaft halten den Youngtimer startklar.
Trotz des Erfolges über Ferrari 360, TVR T400R und aktuellere Porsche-Markenkollegen schraubt Marc Lieb seine Profi-Ambitionen zurück und nimmt ein Studium auf. Der Le-Mans-Klassensieger von 2005 setzt auf Sicherheit. Er hat längst gezeigt, dass gute Steuer-Leute durch nichts zu ersetzen sind. Das unterstrich auch ein anderer Porsche-Werkspilot beim Gastspiel im italienischen Autorlando-GT3-RSR. Franco Groppi und Luigi Moccia konnten das von Mike Rockenfeller vorgelegte Tempo in Silverstone niemals mitgehen. Allmählich wird es Zeit, dass der Fahrermarkt sich weiter öffnet. Viel hängt ab von den Impulsen, die Audi und Peugeot geben werden. Beide Autohersteller wollen innovative Diesel-Prototypen bringen. Was das bisherige Rüstzeug dann noch wert sein wird, muss sich herausstellen.
Verantwortlich für den Inhalt: Carsten Krome Netzwerkeins