Celebration! Schon der 100. Beitrag auf >>> netzwerkeins punkt com <<< – und dieser ist, der Würde des Anlasses entsprechend, besonders beachtenswert.

It’s a family affair. Die (Familien-)Geschichte der équipe vitesse und ihrer beseelten Mitglieder.

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Sie sind der gelebte Familiensinn im DMV GTC und im Dunlop 60: Die von Delia, Jil und Andreas Herbst geführte équipe vitesse ist in dieser Konstellation zwar noch relativ neu im Renngeschäft. In Wirklichkeit stehen Jahrzehnte an Motorsport-Erfahrung hinter dem Mercedes-Kundenteam, das zu den erfolgreichsten seiner Zunft in den von Lena und Ralph Monschauer geführten Breitensport-Rennserien zählt. Carsten Krome bat die schnelle Truppe aus Ingelheim im Königlichen Park von Monza zum Interview – und schwelgte in Erinnerungen an die Saison 1982.

1982-Hans-Heyer-Sauber-SHS-C6-Cosworth-Brun-MotorsportRückblende in die Saison 1982: Für den Automobil-Rennsport ist es ein Jahr des Umbruchs. Die FIA, der in Paris ansässige Weltverband, hat die Gruppenstruktur vollständig umgekrempelt – schon zum zweiten Mal nach 1976. Statt den Spezial-Produktionswagen der Gruppe 5 geben von nun an die Sportprototypen der Gruppe C den Ton an in der Marken-Weltmeisterschaft und ihrem nationalen Pendant, der Deutschen Automobil-Rennsportmeisterschaft. Einer ihrer Protagonisten ist Hans Heyer aus Wegberg, der Mann mit dem Tirolerhut. Nach dem Titelgewinn mit dem himmelblauen Lancia Beta Montecarlo Turbo aus dem Rennstall des Freiburger Unternehmers Gerhard Schneider 1980 steigt er zwei Jahre später im gleichen Team in den futuristischen BASF-Sauber SHS C6 Ford-Cosworth um, den er sich bei den Marken-Weltmeisterschaftsläufen mit Hans-Joachim “Strietzel” Stuck teilt. Das prominente Duo, beide sind mit einer Vergangenheit in der Formel 1 ausgestattet, durchlebt eine schwierige Zeit. Immer wieder macht der Schwingungsdämpfer am 3,9 Liter großen Achtzylindermotor Probleme, verursacht lästige technische Ausfälle.

netzwerkeins-mxl-09-2018-équipe-vitesse-F1812235Weitaus mehr Fortune mit der Marke Ford ist Delia Stegemann aus Münster beschieden. Die Westfälin ist im 1982 ebenfalls neu geschaffenen Ford Fiesta Ladies Cup das Maß der Dinge. Mit ihrem Titelgewinn legt sie den Grundstein zu einer Sportkarriere, die sie immerhin bis in die Deutsche Formel-3-Meisterschaft vorrücken lässt. Dort ist freilich Endstation für sie – ein viel zu knapp bemessenes Budget vereitelt ausgiebige Testfahrten, dieser Umstand wiederum vereitelt halbwegs vorzeigbare Rennergebnisse: ein Teufelskreis, der aus eigener Kraft kaum zu durchbrechen ist. 1991 taucht sie dennoch wieder in der Rennszene auf – abermals mit Ford, abermals in einem Markenpokal unter der Regie des langjährigen Rennleiters Lothar Pinske aus Köln. Doch in der Zwischenzeit haben sich die Dinge verändert. Delia Stegemann heißt nun mit Familiennamen Herbst, sie reist in einem Porsche 944 mit Mainzer Kennzeichen – und sie ist, fern ihrer Münsterländer Heimat, beim öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ZDF in der Buchhaltung beschäftigt. Ihr Ehemann, Andreas Herbst, tickt so wie sie: ein Motorsportler aus Leidenschaft, Schrauber, harter Arbeiter. Delia Herbst kehrt zwar noch einmal in den Ford Fiesta Mixed Cup zurück. Eine Frau und ein Mann teilen sich jeweils ein Auto, tolle Rennen sind das, meist im Rahmen der prosperierenden DTM – doch das ganz große Feuer, als Fahrerin noch einmal Fuß zu fassen, brennt nicht mehr in ihr. Zu tief sitzt die Enttäuschung, in der Formel 3 ohne das große Geld regelrecht aufgelaufen zu sein – für eine Idealististin wie sie ist das schwer zu schlucken.

netzwerkeins-mxl-09-2018-équipe-vitesse-F1812039Sie wird Mutter einer heute ebenfalls im Motorsport engagierten Tochter – und ist irgendwann wieder mittendrin. Ihr Mann Andreas Herbst lässt sich von Rennstallbesitzer Peter Schmidt für die technische Rundum-Betreuung seines Wagenparks in der Langstrecken-Meisterschaft Nürburgring verpflichten. Mutter und Tochter, gerade volljährig, sind ebenfalls mit von der Partie – und Josef Klüber. Der Miet-Kunde aus Alzenau ist aus dem Opel-Lager in einen AMG-Flügeltürer-Mercedes umgestiegen, den er über Peter Schmidt erworben hat und nun von dessen Team betreuen lässt. Vorher ist der GT3-Bolide beim 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps mit Mercedes-Werksfahrern eingesetzt worden – in der Vita des kommenden Sammlerfahrzeugs ein wichtiger Meilenstein. 2014 fügt Josef alias “Sepp” Klüber der Erfolgsbilanz den Meistertitel in der Spezial Tourenwagen Trophy hinzu. Als er bei einem Lauf auf der Nürburgring-Nordschleife von Andreas Herbst persönlich betreut wird und schwer begeistert den Platz verlässt, reift in ihm ein Entschluss. Er ahnt nicht, dass sein Gegenüber denselben Gedanken hegt. Und so kommt, was kommen muss: “Lass uns was zusammen machen!” bricht es unisono aus beiden heraus. Im Frühjahr 2017 gründen sie die équipe vitesse und bestellen einen neuen AMG-Mercedes GT3. Eine Schlüsselfigur im neuen Konstrukt ist Kenneth David Heyer aus Viersen, Sohn der Rennfahrer-Legende Hans Heyer aus Wegberg und Entwicklungspilot bei zwei Generationen des GT3-Boliden im Zeichen des guten Sterns aus Untertürkheim. Niemand hat mehr Test- und Rennkilometer vorzuweisen als der lebensfrohe Fußball-Liebhaber vom Niederrhein.

netzwerkeins-mxl-09-2018-équipe-vitesse-F1814641Heyer wird denn auch Verbindungsmann zu AMG-Mercedes, nebenbei unterstützt er die schnelle Truppe – nichts anderes bedeutet der Teamname équipe vitesse – als Referenz- und Rennfahrer. Im DMV GTC und DUNLOP 60 macht dieses Beispiel Schule. Die meisten GT3-Kundenpiloten holen sich professionelle Unterstützung, um das eigene High-Tech-Renngerät besser zu verstehen. Fahren müssen sie freilich immer noch selbst, und die meisten tun dies aus Spaß an der Freude. Dass es dabei natürlich auch zu blauen Flecken kommen kann, erlebt Josef Klüber beim Motorsport XL Weekend 2018 auf dem Nürburgring. Eingangs der Start- und Zielgeraden kracht er hart in die Betonmauer am rechten Rand der Strecke. An eine Reparatur des Neuwagens ist vor Ort nicht zu denken, und das nächste Rennen – ausgerechnet weit weg, in Monza, ist bereits in drei Wochen! Im Halbdunkel der Box steht noch der zu Taxifahrten mitgebrachte Flügeltürer-SLS. Der wird eilends startklar gemacht und von Kenneth Heyer vom letzten Startplatz ausgehend – der Altwagen hat keine Trainingszeit notieren lassen – im Alleingang gefahren. Während Josef Klüber nach dem Mauerkuss auf eine Rennteilnahme verzichtet, treibt Heyer die Alte Dame in einer dramatisch geführten Partie durch das gesamte Feld nach vorne. Er gewinnt, während an der Box zwei Sportlergenerationen mitfiebern. Da steht die junge Teamchefin Jil Herbst ganz vorne, hinter ihr ihre Mutter Delia, ehemals Stegemann – und Hans Heyer, der Mann mit dem Tirolerhut. 1982 saß der eine im klug gedachten, aber anfälligen Sauber SHS C6 Ford Cosworth, die andere im kleinen Fiesta aus Köln-Niehl. Bestimmende Persönlichkeiten waren sie beide, nein: Sie sind es heute noch. Nach wie vor werden sie, die Protagonisten von damals, im Fahrerlager erkannt und gemocht.

etzwerkeins-mxl-09-2018-équipe-vitesse-IMG_0350Dennoch; Allüren sind ihren völlig fremd, der Geist der kleinen Mannschaft ist bemerkenswert: Sie sind allein zum Rennen fahren da, ohne Hospitality, ohne Tam-Tam, ohne all das, wozu Compliance-Gesetze geschaffen worden sind. Als Andreas Herbst, Familienoberhaupt und technischer Kopf, in Monza zum Gruppenfoto gebeten wird, bleibt er gefühlt dreieinhalb Minuten, nicht länger. Er muss sich noch kümmern – ums Auto und um seinen Kunden. Das geht vor, und das ist gut so. Mögliches Motto: “It´s a family affair – es bleibt in der Familie!”

Verantwortlich für den Inhalt: Carsten Krome Netzwerkeins

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Sehr gerne – diesen Beitrag von Carsten Krome finden Sie auch in der Printausgabe 09/2018 von Motorsport XL, dem offiziellen Medienpartner von DMV GTC und Dunlop 60, erschienen am 30. August 2018.

Bestellen Sie die Ausgabe online unter folgendem Link: https://www.motorsport-xl.de/magazin/vorschau.html