Wenn nicht mehr als 200 Sonderserien-Fahrzeuge ein- und derselben Baureihe innerhalb eines Jahres produziert werden, dann ist das schon etwas Besonderes. Wenn eins davon eine Meisterschaft gewinnt, die allerletzte überhaupt, die mit diesem Fahrzeugtyp offiziell ausgetragen worden ist, dann ist das etwas ganz Besonderes. Und wenn dieser Siegerwagen auch dreizehn Jahre nach dem größten Erfolg noch immer bis ins kleinste Detail genauso aussieht wie damals, dann ist das (fast) einmalig. Das Porsche 911 GT3 Cup 3.6 Coupé (Typ 996), der Christian Menzel im Carrera Cup 2005 auf dem Weg zum Meistertitel begleitete, gehört dieser Spezies an. Anlässlich des 46. AvD-Oldtimer-Grand-Prix auf dem Nürburgring (10. bis 12. August 2018 ) ist der sporthistorisch bedeutende Siegerwagen zur Vermarktung freigegeben worden.
17. Januar 2003: An der Burgstraße 87 im niedersächsischen Dinklage wird ein neuer DMSB-Wagenpass ausgestellt. Wer diese Adresse in Motorsport-Kreisen zuzuordnen weiß, kommt allzu schnell auf die tolimit Motorsport GmbH. 1993 gegründet, setzt diese Mischform aus Rennstall und beratender Agentur mit Erfolg Cup-Fahrzeuge in den Markenpokalen von Porsche ein. Seit der Saison 1998 sind sie ausnahmslos gelb lackiert. Zu dieser Zeit wird eine Partnerschaft mit der Deutschen Post eingegangen, die bis heute besteht. Die tolimit-Gründer Hans-Bernd Kamps und Jörg Michaelis verstehen sich darauf, Sport, Business und Netzwerk in einer neuen Form miteinander zu verbinden. Weil hochkarätige Partner Siege erwarten, müssen regelmäßig neue Cup-Porsche angeschafft und in Betrieb genommen werden. Die alten werden meistens in den Porsche-Clubsport veräußert. 2003 ist es wieder einmal an der Zeit. Für den Porsche Carrera Cup Deutschland und den Porsche Pirelli Supercup wird ein Neufahrzeug in der Original-Außenfarbe „Speedgelb” angeschafft. Es ist eins 200 Exemplaren, die im Produktionsjahr 2003 rennfertig ausgeliefert werden. Mit der Fahrgestellnummer WPO ZZZ 99 Z3S 69 8147 liegt es innerhalb des definierten Nummernkreises der 200 911 GT3 Cup 3.6. Diese werden 2003 mit den Fahrgestellnummern WPO ZZZ 99 Z3S 69 8001 bis einschließlich WPO ZZZ 99 Z3S 69 8200 aufgelegt. Der postgelbe tolimit-Porsche gehört dem letzten Drittel an. ihm wird eine lange, wechselvolle Karriere mit drei Spielzeiten im Carrera Cup Deutschland, einem Meistertitel und einer verlängerten Laufzeit im Porsche Sports Cup beschieden sein. 2008 erst wird sich die letzte Zielflagge senken. Das Außergewöhnliche daran: Zu keinem Zeitpunkt wird der 390 PS starke und 1.140 Kilogramm leichte Porsche seinen Besitzer wechseln. Das gibt es im Feld der Fighter eigentlich nicht. Mehr noch: Dieser 911 GT3 Cup wird offiziell als der allerletzte Siegerwagen der Generation 996 in die Geschichte eingehen.
Am Anfang der Einsatzhistorie steht Christian Menzel, damals 32 Jahre alt. Am 25. April 2003 verhilft der Langenfelder Rennfahrer dem gelben tolimit-Porsche auf dem Hockenheimring zu seiner Einsatzpremiere. Für ihn ist es das zweite Jahr im Team von Hans-Bernd Kamps und Jörg Michaelis. 2002 verbucht er 100 Punkte auf seinem Meisterschaftskonto. Damit wird er Fünfter in der Jahres-Endabrechnung. Mit dem Schwarzwälder Klaus Graf wird ihm 2003 ein erfahrener Teamkollege zur Seite gestellt. Der Siegerländer Maik Heupel, 2002 im zweiten tolimit-Porsche unterwegs, bestreitet im Folgejahr vereinzelte Einsätze im international ausgerichteten Porsche Pirelli Supercup. Dazu steht ihm exakt jener Porsche zur Verfügung, mit dem Menzel auf nationaler Ebene antritt. Insgesamt viermal tritt Heupel, der aus dem Formelsport aufgestiegen ist, mit der Fahrgestellnummer WPO ZZZ 99 Z3S 69 8147 im Supercup an. Mehr als neun Einsätze im Verlauf des Rennjahres 2003 sind für dieses Auto im Wagenpass nicht dokumentiert. Somit ist es noch recht frisch, als 2004 die zweite Spielzeit ansteht. Nach den Fahrerwechseln in der vorherigen Saison sitzt nun nur noch ein fester Volanteur im Cockpit: Richard Lietz aus Österreich, der spätere Werksfahrer in Porsche-Diensten. Auf Anhieb wird der Nachwuchsmann Vierter in der Meisterschaft. Routinier Menzel verdrängt er auf den sechsten Schlussrang – für den redseligen Eifeler eine bittere Pille. Denn ausgerechnet er ist es, der 1999, im ersten Einsatzjahr des 911 GT3 Cup in Deutschland, den Titel nur um Haaresbreite verfehlt. Ein Mauerkontakt in Hockenheim zwingt ihn in der vorletzten Meisterschaftsrunde, seine Hoffnungen zu begraben. Im Jahr 2000 steigt er in die neue DTM auf. Im Opel-Kader bewegt er sich mit Manuel Reuter, Uwe Alzen, Michael Bartels, Stefano Modena und Timo Scheider auf Augenhöhe.
2001 kehrt Menzel als Vertragsfahrer zu Porsche zurück. Er absolviert ein gemischtes Programm aus Cup-Einsätzen bei Phoenix Racing und Terminen in der American Le Mans Series. Das wird ihm zum Verhängnis. Er muss Meisterschaftstermine auslassen, während Porsche-Junior Timo Bernhard zuverlässig Punkte sammelt und auf dem Hockenheimring sein Meisterstück macht. Menzel bringt es trotz seines Handicaps auf 100 Zähler, 2001 kommt er so auf den dritten Schlussrang. Anschließend verlässt er Phoenix Racing und geht mit tolimit Motorsport eine neue Partnerschaft ein. Die Harmonie im Team ist perfekt. Sohn Nico, heute ein Nachwuchsstar im Cup-Porsche und bereits Asien-Meister, wächst im Grundschulalter in die Szene hinein. Doch erst im dritten gemeinsamen Jahr kann Christian Menzel endlich nach den Sternen greifen. Ab dem dritten Carrera-Cup-Termin 2005 sitzt er wieder im zwei Jahre alten Elfer mit der Fahrgestellnummer WPO ZZZ 99 Z3S 69 8147. Das ist exakt das Auto, das er am 25. April 2003 auf dem Hockenheimring eingeweiht hat. Er hält diesem Fahrgestell bis zum Jahresende die Treue und fährt bei vier von sieben Gelegenheiten Trainingsbestzeit – beim Saisonauftakt in Hockenheim, beim zweiten Lauf auf dem Eurospeedway Lausitz, beim Heimspiel auf dem Nürburgring und beim sechsten Lauf in Istanbul. Menzel, der bei jedem Rennen auf dem Podium steht, gewinnt auch viermal – und zwar immer dann, wenn er vorher auch Trainingsschnellster gewesen ist. Sechs Jahre nach dem verpassten Meisterstück 1999 packt er es in aller Deutlichkeit. Er gewinnt den letztmals mit dem Typ 996 ausgetragenen Porsche Carrera Cup. Das bringt ihm den Beinamen „Magic” Menzel ein – in Anlehnung an Nigel Mansell, den Formel-1-Weltmeister 1992. Die Botschaft auf seinem Meister-T-Shirt lautet: „Moin, Sie dürfen uns gratulieren!” Und: „Vorsicht, Sie gehen hinter einem Meister!”
Der 2003er 911 GT3 Cup geht in die Sportgeschichte ein. 2006 erfolgt ein Modellwechsel. Im Porsche Carrera Cup Deutschland ist nun die neue Generation 997 am Zug. Für die Chassisnummer WPO ZZZ 99 Z3S 69 8147 ist noch lange nicht Feierabend. In den folgenden drei Jahren mietet Andreas Iburg den gelben Renner für den Porsche Sports Cup fest an. Am 3. Oktober 2008 fällt auf dem Hockenheimring die tatsächlich letzte Zielflagge. Der 996er bleibt jedoch im tolimit-Besitz – bis heute. Im Foyer des Teamsitzes im Motorpark Lohne an der Hansalinie ist er seitdem ein Symbol für den erfolgreichsten Porsche-Markenpokal-Rennstall der Welt, der seit dem 18. April 2013 unter „Project-1″ firmiert. Am 25. Juni 2016 tritt der Meisterwagen auf dem Flugplatz Merzbrück bei Aachen in Erscheinung. Bei der weltweit ersten #cupreunion, ausgerichtet vom Sportwagenmagazin werk1, ist er eine der Hauptattraktionen. Als Siegerfahrzeug der 996-Ära gebührt ihm ein Sonderstatus. Nur der Manthey-Porsche GT3-MR auf 996-Basis, der beim 34. ADAC-Zurich-24-Stunden-Rennen Nürburgring 2006 triumphiert, gewinnt noch später als der tolimit-GT3 Cup einen relevanten Wettbewerb.
Verantwortlich für den Inhalt: Carsten Krome Netzwerkeins
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