Retrospektive: der Ford Zakspeed Capri mit der Chassisnummer ZAK-G5C-002/80 – und einer großen Vergangenheit.
In keiner Branche der Welt hat erfolgreiche Technologie so schnell ausgedient wie im Automobil-Rennsport, die Sieger von heute stehen morgen schon im Museum oder fristen auf staubigen Hinterhöfen ein trostloses Dasein. Es gibt jedoch auch Ausnahmen dieser goldenen Regel, wie beispielsweise eine ganze Reihe spektakulärer Gruppe 5-Renntourenwagen, die vor über zehn Jahren die legendäre Deutsche Rennsport-Meisterschaft bevölkerten. Der letzte Champion nach dem 1982 erneuerten Reglement war der Roisdorfer Klaus Ludwig im Cockpit eines Zakspeed-Capri turbo.
Mit einem über 500 PS starken Kurzhub-Motor, eingebaut in einen für damalige Verhältnisse revolutionären Gitterrohr-Rahmen, war diese Schöpfung von Teamchef Erich Zakowski nur schwer zu schlagen. Hauptkonkurrent Hans Heyer mit einem werksseitig unterstützten Lancia Beta Montecario konnte 1981 nur bei zwei Anlässen siegen, ansonsten hatte ‚König Ludwig‘ die Nase vorn. Auch die Ära der frühen Gruppe C erlebte der Capri als Sieger, ehe es dann urplötzlich still um das 1978 der Rennwelt vorgestellte Modell wurde.
Besucher des Nürburgrings wurden in den folgenden Jahren Zeugen eines traurigen Kapitels Capri-Geschichte – auf einem Betriebshof in Niederzissen rosteten zwei dieser Juwelen neben einigen Escort BDA langsam vor sich hin. In der Zakspeed-Werkstatt wurde mittlerweile mit Hochdruck am 1990 endgültig gescheiterten Formel 1-Projekt gearbeitet, für die vermeintlich alten Autos war einfach kein Platz mehr. Zudem gab es zeitweise kein geeignetes Einsatzgebiet für Fahrzeuge dieser Auslegung, viele Exemplare wurden zu Traumpreisen nach Skandinavien, Österreich oder Großbritannien verschleudert. Erst 1986 schufen einige Privatleute die Spezial Tourenwagen Trophy, die sich schnell etablierte und in steigendem Maße die zur Untätigkeit verdammten Oldies reaktivierte. In den Händen gutbetuchter Amateure machten die BMW M1 und Porsche 935 also wieder ihre Aufwartung, einzig der Super-Capri fehlte noch immer.
Der hatte zwar inzwischen ein trockenes Plätzchen in unmittelbarer Nähe zum Nürburgring gefunden, wartete aber noch auf einen begeisterungsfähigen Käufer. Eines stand schon zu Beginn jeder Verhandlung fest: Ohne aufwendige Restaurationsarbeiten war an keinen Renneinsatz zu denken. So vergingen weitere Jahre, ehe Weihnachten 1990 ein Karosseriebau-Meister aus Malsch in der Nähe von Karlsruhe mit Bargeld und transportfahrzeug auftauchte.
Für Erhard Günter, seit 1986 in der Spezial-Tourenwagen Trophy mit verschiedenen Fabrikaten dabei, erfüllte sich ein langgehegter Traum. „Ich habe schon lange vor der Übernahme mit Erich Zakowski verhandelt, der zwischenzeitlich den Capri selbst restaurieren wollte. Irgendwann wurden wir uns dann aber handelseinig und so konnte ich an den Weihnachtstagen mit der Zerlegung beginnen“, berichtet der ehemalige Stock Car-Pilot. Was so einfach klingt, war in Wirklichkeit der Auftakt zu einem manchmal aussichtslos erscheinenden Unterfangen, denn von der Herrlichkeit früherer Tage war nicht viel übriggeblieben. Alles war eingerostet, wichtige Teile wie vordere Kotflügel, Motor und Getriebe fehlten vollständig.
Helmuth Barth, einstiger Erbauer des Super-Capri, half nach Kräften beim Neuaufbau und versorgte Erhard Günter beispielsweise mit Karosserieformen. Aus Kostengründen sollte jedoch von vornherein auf den Einsatz des originalen Vierzylinder-Turbomotors verzichtet werden, stattdessen installierte man einen 240 PS starken Sauger. „Das haben wir nur gemacht, um überhaupt erst einmal fahren zu können“, erklärt Erhard seine Entscheidung. Nur neun Monate nach der Abholung stand der Capri erstmalig wieder an der Startlinie eines Rennens, rund zehn Jahre nach seinem ersten Einsatz. Beim Truck-Grand Prix im belgischen Zolder landete der im Starterfeld schon fast ungewohnte Capri an dritter Stelle seiner Klasse, hinter zwei BMW 320 16V. Auch der nächste Einsatz auf dem Österreichring bei Zeltweg bestätigte das Manko an Motorsportleistung, das es in der Winterpause zu beheben galt.
Erhard Günter zeigte sich konsequent und orderte moderne Technologie – einen Turbomotor aus dem Gruppe B-RS 200 rüstete er auf atmosphärischen Betreib um. Das Zweiliter-Aggregat leistet nun gut 290 PS, ebensoviel wie die favorisierten BMW von Rolf Rummel, Theo Frick und Manfred Achmüller. Damit dürfte es dem Hobby-Rennfahrer gelingen, in der Saison 1992 die lange Historie seines Plastik-Bombers mit weiteren Erfolgen zu vervollständigen, was allen Beteiligten nur nützlich sein kann. Schließlich kann die am 26. April 1992 in Zolder beginnende STT neue Herausforderer bestens gebrauchen.
Text: Carsten Krome Netzwerkeins, Frühjahr 1992, im Sinne eines Leistungsnachweises wiederveröffentlicht
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