Donnerstag, 14. Juli 1983, nachmittags an der Nürburgring-Nordschleife im Streckenabschnitt “Pflanzgarten”: Mit Donnergrollen naht ein roter Porsche 928 auf BBS-Rennsportfelgen mit Lüfterflügeln, an seinem Steuer ein hagerer, schnauzbärtiger Mann mit offenem Jet-Helm. Acht Minuten später ist der “Gewitterwagen”, so taufen ihn die zufällig Anwesenden, wieder da – bestechend schnell und präzise mutet die Fahrt des Erlkönigs an, der mit seinem silbernen Kotflügel vorne links und den goldenen Tupfen an der Seite nur mäßig getarnt auftritt. Warum das Ganze, zumal vier Tage zuvor auf dem Eifelkurs noch der Große Preis der Tourenwagen stattgefunden hat, immerhin ein Lauf zur Tourenwagen-Europameisterschaft? Diese wird 1983 im zweiten Jahr mit seriennahen Produktionswagen der Gruppe A ausgetragen – und an vorderster Front mischen zwei Jaguar XJS HE des Schotten Tom Walkinshaw mit. Die bulligen Coupés von der britischen Insel sind der gleichen Kategorie zuzuordnen wie der Porsche 928: Bahnt sich da etwa eine Sensation an, folgen die Schwaben den Spuren der englischen Raubkatzen?

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Dafür spricht, dass die Gruppe A schon bald auch in Deutschland Einzug halten und die unbezahlbar gewordene Rennsportmeisterschaft beerben soll. Bereits im Hochsommer 1983 kommt es auf dem Hockenheimring zu einem Gastauftritt der französischen Landesmeisterschaft, die mit ihrem kostengünstigen Produktionswagen-Reglement vorausgeeilt ist. Sofort berichten die ersten Fachblätter über den geheimnisvollen Porsche 928 S, der am 23. Juli 1983 beim 24. ADAC-Bilstein-Cup seinen Einstand im Veedol-Langstreckenpokal auf dem Nürburgring feiert. Die Porsche-Versuchsingenieure Günter Steckkönig und Hans Clausecker sind die Piloten – und Steckkönig ist es auch gewesen, der am 14. Juli 1983 die halböffentliche Testfahrt auf der Nordschleife durchgeführt hat. Inzwischen hat sich mit Wolfgang Grupp, dem Steuer-Mann des Textil-Unternehmens Trigema, ein Sponsor engagiert. Eigentlich wünscht er sich internationale Einsätze – in der beliebten Tourenwagen-Europameisterschaft?

Diese Frage bleibt unbeantwortet, denn auf einmal heißt es: keine FIA-Homologation des Porsche 928 in der Gruppe A! Einige wenige Quadratzentimeter im Innenraum fehlen, die Maße sind klar definiert und können allenfalls durch eine Änderung des Interieurs beeinflusst werden. Allem Anschein ist das nicht gewollt. Porsche-intern werden Stimmen laut, der 928 sei als ein Reisewagen positioniert worden und nicht als ein Rennwagen. Und so können Günter Steckkönig und Hans Clausecker froh sein, ihren Entwicklungsträger wenigstens bei fünf Langstreckenpokal-Läufen einsetzen zu dürfen. Ihre stolze Bilanz: ein zweiter Platz beim zweiten Einsatz und drei Gesamtsiege. Als die Deutsche Produktionswagen-Meisterschaft im März 1984 die Erfolgsgeschichte der späteren DTM begründet, ist kein Porsche 928 mit von der Partie. Das Kapitel Gruppe A wird zu den Akten gelegt, das Achtzylinder-Coupé im Januar 1984 zuletzt bei den 24 Stunden von Daytona eingesetzt. Nach 30 Jahren im Lager des Porsche Museums kommt der verhinderte Gruppe-A-Porsche 2014 wieder ans Licht.

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1988 ist Porsche wieder nah dran an einem DTM-Einstieg. Diesmal liegen Pläne vor, einen moderat aufgerüsteten 944 turbo Cup für die boomende Tourenwagen-Bundesliga fit zu machen. Wieder entsteht ein äußerlich nur mäßig interessanter Versuchsträger, diesmal von einem anderen Entwicklungsingenieur, Roland Kussmaul, gefahren. Auf dem Hockenheimring kommt es im Sommer 1988 zu ersten Testfahrten, bei denen auch Vertreter anderer Hersteller zugegen sind – von den Spitzenfahrern jener Zeit ganz zu schweigen. Manche von ihnen kauern sich, mit Stoppuhren ausgestattet, ins hohe Gras der Zieleingangskurve. Von dort aus haben sie den besten Überblick. Und sie stellen fest: Der äußerlich bescheiden auftretende Porsche 944 ist verdammt schnell unterwegs. Zu schnell für die “klassenlose Gesellschaft” der DTM, die mit der Einstufung des ebenfalls Turbo-getriebenen Ford Sierra RS Cosworth bereits genug zu tun hat? Fast hat es den Anschein, denn schon bald ist der Porsche-Vorstoß vom Tisch. Schade – die führenden Akteure aus dem 944 turbo Cup wären nur zu gerne ins neue deutsche Elite-Championat aufgestiegen. Der Testträger findet sich schließlich im Fundus einer Motorsport-begeisterten Friseurfamilie aus Alzey wieder, die sich damit an Clubsport-Wettbewerben beteiligt.

Während beide Versuchsfahrzeuge wenigstens fernab der DTM Erfolge einfahren dürfen, kommt der dritte Ansatz über den Status einer Studie nicht hinaus. Als 1998 die neue “DTM 2000” Formen annimmt, wird unter der Mitwirkung des Journalisten und Regelwerk-Experten Michael Bernard auch ein Porsche 911 der damals aktuellen Baureihe 996 gezeichnet. Das Fachmagazin auto, motor und sport veröffentlicht das Gedankenspiel im Herbst 1998. Über den Status eines Renderings kommt der UPS-braune Bolide freilich nicht hinaus. Erst der durch den heutigen DTM-Chef Gerhard Berger – 1985 selbst Porsche-Rennfahrer im Brun-956.106 – vollzogene Neuansatz mit GT3-Sportwagen als Basis verändert 2021 die Situation. Nach 21 Spielzeiten ist die Silhouetten-Formel der “Class 1” endgültig Geschichte. Auf dem Nürburgring geht nun mit dem 35-jährigen Südostbayern Michael Ammermüller aus Pocking ein DTM-Debütant an den Start, der sich mit dem Neunelfer im GT3-Trimm allerbestens auskennt und im vergangenen Jahr das ADAC-GT-Masters gewinnen konnte. Mehr noch: Im Audi TT-RS von Nicolas und Martin Raeder zeigt Ammermüller vor bald zehn Jahren, welche Qualitäten er besitzt.

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Am 28. August 2011 sichert er sich, Frank Biela sowie Christian Hohenadel einen Sieg am seidenen Faden. Beim Sechsstunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife beschert der Brillenträger dem Raeder-Audi TT-RS in einer dramatischen Schlussphase einen wichtigen Triumph zur richtigen Zeit. Tags zuvor haben die ersten ernsthaften Kaufinteressenten den neuen Kundensport-Rennwagen probegefahren. Ammermüllers Darbietung ist auch ein Baustein auf dem Weg der Gebrüder Raeder als Nachfolger von Olaf Manthey in dessen 1996 gegründeten Unternehmen, das inzwischen zu 51 Prozent im Besitz von Porsche ist. Und Manthey Racing, da schließt sich der Kreis, ist seit diesem Jahr Technologiepartner von SSR Performance. Der Münchner Rennstall wird am Wochenende das erste Team sein, das einen Neunelfer in der DTM an den Start bringt. Zeitgleich treten die derzeitigen Porsche-Werksfahrer zu den 24 Stunden von Le Mans an – einschließlich Kévin Estre, den viele nicht erst seit seinem Parforce-Ritt beim diesjährigen 24-Stunden-Rennen Nürburgring auch gerne einmal in einem DTM-Porsche sehen würden. Mögliches Motto: Am Ende wird alles gut – nach verschiedenen inoffiziellen, aber eben auch vergeblichen Anläufen. Und schon jetzt steht eine weitere Perspektive im Raum: Beim Finalrennen auf dem Norisring in den Straßen Nürnbergs könnte wieder ein Porsche Glanz in die Hütte bringen und vielleicht sogar ganz vorne mitfahren.

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26. Juni 2011, Nürburgring-Nordschleife: Vor einer Viertelmillion Zuschauer überquert ein silberner Audi die Ziellinie des ADAC-Zurich-24-Stunden-Rennens, des Langstrecken-Klassikers schlechthin. Der Wagen mit Nummer 125 hat keinen Gesamtsieg, sondern den 14. Rang im Feld der 202 Starter eingefahren. Die Freude bei Frank Biela, Martin Tomczyk, Jens Klingmann und Michael Ammermüller, den Steuer-Leuten im Cockpit, ist groß. © Carsten Krome, netzwerkeins GmbH

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Allez, les Bleus! Big Data in Echtzeit dank kleiner, blauer Zauberkästchen im Raeder-Audi TT RS.

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