Beim dritten Lauf der DTM Classic Tourenwagen Legenden 2021 auf dem Nürburgring führte das berühmt-berüchtigte Eifelwetter Regie. Kurz nach dem Start des zweiten Renndurchgangs löste ein Regenschauer eine Unterbrechung aus. Auf allmählich wieder abtrocknendem Asphalt lieferte sich Routinier Klaus Niedzwiedz im Ford Sierra RS Cosworth einen sehenswerten Kampf um den Sieg in der Klasse 3 für Tourenwagen der Gruppe A bis Modelljahr 1988. Auf rutschigem Geläuf sprang am Ende der zweite Klassenrang für ihn heraus. Schon steigt die Vorfreude – auf einen neu aufgebauten Ford Sierra RS Cosworth, den das Ringshausen Motorsport Revival Team schon jetzt für die kommende Saison projektiert hat.
Die Schlagzeilen:
Spätes Pech im ersten Durchgang: ein gerissener Keilriemen führt zum Ausfall fünf Runden vor Rennende.
Ausgleich im zweiten Lauf: zweiter Klassenrang nach Abbruch, Neustart, Mehrkampf und Kapriolen auf der Piste.
Perspektive: Der Neuaufbau eines Ford Sierra RS Cosworth als Hommage an die DTM-Saison 1988 hat bereits begonnen.
So liefen Freies Training und Qualifying:
Bereits am Freitagmorgen startete das auf 20 Minuten angesetzte Freie Training auf der Kurzversion des Nürburgring-Grand-Prix-Kurses. Den 3.629 Meter langen oder eben kurzen Kurs umrundete Klaus Niedzwiedz in 1:39,957 Minuten – Platz sechs im 21 Wagen starken Feld der DTM Classic Tourenwagen Legenden. Eine kürzere Achsübersetzung zeigte Wirkung, der 437 PS leistende Vierzylinder-Turbo packte aus den Kurven heraus kräftig an. In der Wertung der Klasse 3 für Tourenwagen der Gruppe A bis einschließlich Modelljahr 1988 bedeutete diese Leistung den vorerst zweiten Rang hinter einem BMW M3 der Baureihe E30.
Die Frage vor dem abermals 20-minütigen Qualifying am Samstagmorgen lautete: Würde sich der 70-jährige Routinier im Cockpit weiter nach vorne orientieren können? Die Antwort: einerseits ja – mit einer Rundenbestzeit von 1:39,518 Minuten verbesserte sich Niedzwiedz um eine halbe Sekunde. Die sechste Position in der Gesamtwertung behielt er jedoch ebenso bei wie den zweiten Rang in Klasse 3 – konsolidierte Verhältnisse also.
Neue Perspektiven:
Aufsehen erregte die Ankündigung, dass für die kommende Saison im Ringshausen Motorsport Revival Team ein Neufahrzeug entstehen wird. Kai Ringshausen zu den Hintergründen: „Wir bereiten einen neuen Ford Sierra RS Cosworth Gruppe A für die Klasse 3 vor, wie wir ihn 1988 in der DTM eingesetzt haben. Manuel Reuter aus Mainz war damals einer der Ford-Werksfahrer in unserem Rennstall, viele Fans erinnern sich gerne an die schwarzlackierte Karosserie mit den leuchtend gelben Schriftzügen eines zur damaligen Zeit vertriebenen Herrenmagazins. Daran wollen wir anknüpfen und ein attraktives Einsatzauto hinstellen. Die ersten Komponenten sind bestellt, und alle ins Projekt eingebundenen Kräfte in unserer Autohaus-Mannschaft freuen sich darauf – natürlich auch Klaus (Niedzwiedz).“
So lief das erste Rennen:
Am Samstagnachmittag starteten 20 Fahrer in den ersten Wertungslauf über 30 Minuten. Klaus Niedzwiedz bildete zusammen mit zwei BMW-Piloten ein Trio, das sich unterhaltsame Kämpfe lieferte. Von vornherein war allen drei an dieser Darbietung beteiligten Piloten bewusst, dass sie nicht den Gesamtsieg im Visier haben würden – dafür sind die vier Mercedes-Benz der 1996 eingestellten Klasse 1 technisch zu überlegen. Auch wenn der Leistungsunterschied zwischen einer C-Klasse und dem Ford Sierra RS Cosworth keine 100 PS ausmacht, so bestehen doch große konzeptionelle Unterschiede in den Bereichen Aerodynamik, Fahrwerkskinematik, Handling und Reifenbreite – eine andere Welt. Das ist auch der Grund, warum sich das Starterfeld der DTM Classic Tourenwagen Legenden auf vier Klassen aufteilt. Erstmals waren diese vier Kategorien auf den Windschutzscheiben der Fahrzeuge markiert, die Ziffer drei zierte die Frontscheibe des rot-weißen Ford mit Startnummer 19. Fünf Runden vor dem Fallen der Zielflagge fehlte die #19 allerdings – Ausfall am Ende der Geraden mit gerissenem Keilriemen. Nach der doppelten Zielankunft in Zolder 14 Tage zuvor bedeutete dies leider eine Nullrunde für Klaus Niedzwiedz und das Ringshausen Motorsport Revival Team.
So lief das zweite Rennen:
Nach erfolgter Reparatur stand dem Sierra RS Cosworth im Design des Ford-Werkseinsatzes beim 24-Stunden-Rennen Nürburgring 1991 eine Aufholjagd bevor. Die Startaufstellung erfolgte in der Reihenfolge am Ende des ersten Rennens – und das hatte Klaus Niedzwiedz nicht beenden können. Somit lautete die Losung, möglichst rasch den Anschluss an die Spitze des Feldes wieder herzustellen. Doch noch vor der Freigabe des zweiten Durchgangs über 30 Minuten zogen immer mehr dunkle Regenwolken auf. Am Ende der fünften Runde öffnete der Eifelhimmel seine Schleusen und setzte den Kurs nachhaltig unter Wasser. Die Konsequenz: rote Flaggen und eine Rennunterbrechung im Verlauf der sechsten Runde. Klaus Niedzwiedz gehörte zu den Piloten, die unmittelbar hinter dem Safety Car auf der Start- und Zielgeraden einliefen und dort auf weitere Instruktionen warteten. Schließlich gab die Rennleitung bekannt, auch außerhalb der Boxen von Trocken- auf Regenreifen wechseln zu dürfen. Eine Weiterfahrt auf profillosen Slicks wäre unmöglich gewesen.
Nach dem Restart kam es zur Neuauflage des Mehrkampfes zwischen Klaus Niedzwiedz und zwei BMW-Piloten, zu dem sich phasenweise auch ein Allrad-getriebener Audi V8 gesellte. Die Auseinandersetzung mit Marc Hessel in einem der beiden BMW führte Szenen herbei, die das zweite Rennen nachhaltig prägten. Zunächst musste der Ford-Pilot bei der Anfahrt der letzten Schikane vor Start und Ziel den Notausgang benutzen, um eine Kollision zu vermeiden. Das Ergebnis: eine fünf Sekunden ausmachende Zeitstrafe seitens der Rennleitung. Im engen Klassement bedeutete dies nachträglich den Rückfall um eine Position. Die Schlüsselszene ereignete sich jedoch drei Minuten vor Ende der (Rutsch-)Partie, als Marc Hessel sich ausgangs der ersten Rechtskurve nach Start und Ziel drehte und dem herannahenden Niedzwiedz nur mit einer Rettungspirouette ausweichen konnte. Während es zwischen den beiden ehemaligen DTM-Stars abermals zu keiner Berührung kam, war damit die Reihenfolge manifestiert: Rang zwei in Klasse 3 und der fünfte Gesamtplatz für den Ringshausen-Ford. Fazit: Die Eifel war eine Reise wert, wieder einmal – und doch hat sie ihrem kapriziösen Ruf alle Ehre gemacht.
Verantwortlich für den Inhalt: Carsten Krome, netzwerkeins GmbH
Fotografie: Farid Wagner, pitwall media, für die netzwerkeins GmbH
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