Der dritte Saisonsieg lag in der Luft, und das gleich zweimal. Entgegen mancher Prognosen war der rechtsgelenkte Ford Sierra RS 500 Cosworth des Dresdeners Ronny Scheer sowohl bei Nässe als auch bei trockenem Asphalt in Spa-Francorchamps jederzeit siegfähig. Immer wieder ging der Stammfahrer von Mücke Motorsport Classic in Führung. Doch beim DTM Classic Cup auf dem Ardennenkurs zählte auch das harte Beschleunigen aus der letzten Schikane vor der Ziellinie: ein Fall für die Saugmotor-BMW mit ihrem spontaneren Ansprechverhalten gegenüber dem Vierzylinder-Turbo des Ford. So sprangen für den 1990 auf der britischen Insel erfolgreichen “Cossie” sowohl im Regen am Samstag als auch bei blauem Himmel am Rennsonntag jeweils zwei zweite Plätze heraus. Besondere Arbeitsaufgaben hielt einmal mehr der komplexe Opel Calibra V6 4×4 Klasse 1 (1995) parat. Obwohl es die Berliner Klassik-Spezialisten immer wieder mir ihr versuchten, wurde die “Diva” ihrem neuen Rufnamen einmal mehr gerecht.
Die Schlagzeilen:
Fahrzeugbeherrschung auf regennassem Asphalt: Ronny Scheer zirkelt den Ford Sierra nach etlichen Führungswechseln am Samstag auf Rang zwei.
Leidenschaftliche Beschleunigungsduelle: Die letzte Schikane entscheidet auch am Rennsonntag über Sieg und Niederlage – Rang zwei Nummer zwei.
Eine kurze Dienstfahrt: Der 1995 von Keke Rosberg gefahrene Klasse-1-Calibra kann am Ende doch nicht an den beiden Wertungsläufen teilnehmen.
Auf dem 7.004 Meter langen Grand-Prix-Kurs von Spa-Francorchamps/Belgien trug der DTM Classic Cup den siebten und achten Wertungslauf aus. Mücke Motorsport Classic beteiligte sich einmal mehr mit zwei Renntourenwagen-Klassikern. Während der 1990 auf der britischen Insel erfolgreiche Ford Sierra RS 500 Cosworth bereits zwei Saisonsiege einfahren konnte, durchläuft der 1995 von Keke Rosberg in der DTM gesteuerte Klasse-1-Calibra ein Entwicklungsjahr. Dennoch versuchten die Berliner Klassik-Spezialisten unter der Leitung von Stefan Mücke, die hochkomplexe Technik früher als gedacht in den Griff zu bekommen. Probleme mit der aufwändigen Elektronik vereitelten den ambitionierten Plan, den Opel Calibra V6 4×4 schon vier Wochen vor dem Saisonfinale auf dem Hockenheimring zu aktivieren. So endete die Dienstfahrt jeweils nach einer Checklap – auch, um die hochkarätige Substanz nicht zu gefährden. Die Rückkehr des 27 Jahre alten Ex-Werkswagens soll Schritt für Schritt erfolgen, die aufwändigen Systeme sollen nach und nach in Betrieb genommen werden.
So lag es an Ronny Scheer, im urgewaltigen Ford Sierra mit 560 Turbo-PS bei herausfordernden Wetterverhältnissen die Ambitionen des Teams zu wahren. Zweimal schon siegte der Dresdener im DTM Classic Cup 2022, ein dritter Triumph lag auf der Hochgeschwindigkeitspiste in den Ardennen in der Luft. Doch schon vor dem 30-minütigen Freien Training am Freitagnachmittag erkannte Scheer: “Es ist zurzeit eine besondere Aufgabe, neue Regenreifen zu erhalten. Wir müssen mit gebrauchten, profilierten Pneus haushalten, die bereits recht hart sind und natürlich nicht mehr so gut arbeiten wie neue. Hinzu kommt, dass der Ford ohne aerodynamische Abtriebshilfen fast ausschließlich durch den mechanischen Grip der Hinterachsreifen funktioniert.” Trotz der schwierigen Bedingungen stellte der Stammpilot bei Mücke Motorsport Classic seinen “Cossie” im Qualifying zum Samstagsrennen auf den siebten Startplatz. Nach der Startfreigabe orientierte er sich sofort weiter nach vorne und schob sich zwischen die beiden führenden BMW-Piloten. Auf der ansteigenden “Kemmel”-Geraden begann ein Katz- und Maus-Spiel mit der Saugmotor-Fraktion, die in den langgezogenen Kurvenkombinationen bei Blanchimont immer wieder konterte. Hier zeigte das gebrauchte Reifenmaterial Wirkung.
Auf den buchstäblich letzten Metern fiel die Entscheidung: Beim harten Herausbeschleunigen aus der Bus-Stop-Schikane hatte BMW-Pilot Marc Hessel das bessere Ansprechverhalten und sicherte sich den Sieg vor Ronny Scheer, der seinerseits wichtige Meisterschaftspunkte sammelte. Am Sonntag dann (nicht ganz) das gleiche Bild, denn inzwischen hatte sich das Wetter deutlich gebessert. Die Sonne kam sogar heraus, und bei ansteigenden Asphalttemperaturen stellte sich die Reifenthematik nicht mehr ganz so rennbestimmend dar. Dafür warf nun ein weiterer BMW-Pilot den Gewichtsvorteil seines BMW 320i nach dem Supertourenwagen-Reglement in die Waagschale. Yannick Trautwein konnte später bremsen und früher beschleunigen als Ronny Scheer, der seinerseits weitere Führungskilometer auf der “Kemmel”-Geraden sammelte. In der Schlussrunde nutzte Trautwein den kurzen Weg aus der Schikane heraus bis zur Ziellinie, um den Verfolger ob des längeren Anlaufs unter Kontrolle zu halten und zu triumphieren. Abermals sprang für den zweifachen Saisonsieger im DTM Classic Cup der zweite Gesamtrang heraus, flankiert von einem weiteren Klassensieg an diesem Wochenende in der Klasse 2. “Ronny ist ganz stark gefahren an diesem Wochenende”, kommentierte Stefan Mücke zufrieden, “wir im Team sind alle sehr happy mit ihm und seiner kampfbetonten Leistung.” In weniger als vier Wochen fällt beim großen Saisonfinale 2022 auf dem Hockenheimring mit zwei abschließenden Punktrunden die mit Spannung erwartete Meisterschaftsentscheidung. Zurzeit liegt Ronny Scheer mit 44 Zählern an vierter Tabellenposition.
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Fotografie: Gruppe C/Tim Upietz; pitwall media/Farid Wagner