Ingenieuse Opel-Akzente mit dem Kadett GSi 16V Gruppe A: Steffan Irmler und Volker Strycek starten vor großem Publikum auf dem Nürburgring.

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Fotografie: Martin Poppe für Irmler Racing

Nach dem Rennen ist vor dem Rennen. Diese (Binsen-)weisheit wissen nicht zuletzt Steffan Irmler und Volker Strycek zu beherzigen. Innerhalb von nur einer einzigen Woche beteiligen sich der selbstständige Zerspanungs-Techniker und der einstige Opel-Sportchef mit ingenieusem Hintergrund an zwei Klassik-Ereignissen auf dem Nürburgring. Die Doppelbelastung ist kein Selbstzweck, sie dient einem Entwicklungsziel. Der vollständig neu aufgebaute Opel Kadett GSi 16V Gruppe A muss – seinem Vorbild aus dem Sportjahr 1988 nicht unähnlich – erst zur Rennreife gebracht werden. Nun könnte man annehmen, allein die Übernahme historisch dokumentierter (Einstell-)Daten würde vorschnell zum Ergebnis führen. Doch in Wirklichkeit haben sich die Materialien in den zurückliegenden Jahrzehnten verändert, insbesondere auf dem Reifen- und Fahrwerkssektor. Das setzt kleinteilige Abstimmungsarbeit voraus, um das grundsätzlich hohe Potenzial des Fronttrieblers tatsächlich auch auszuschöpfen. Im Rahmenprogramm des mit 235.000 Zaungästen mehr als gut besuchten 51. 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring zeigte sich, dass ein weicher Pneu aus englischer Produktion nicht unbedingt von Vorteil sein muss. Bis zur Nürburgring Classic am kommenden Wochenende werden weitere Veränderungen umgesetzt sein müssen.

Die Schlagzeilen:

Gemeinsamer Auftritt: Begleitend zu seiner 45. Teilnahme an einem 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring steigt Volker Strycek als ehemaliger Gesamtsieger des Langstrecken-Klassikers zu Steffan Irmler in den Opel Kadett GSi 16V Gruppe A.

Boxenstopp im ersten Sprintrennen über 30 Minuten: Ein gerissener Keilriemen unterbricht im Freitagsrennen der “Tourenwagen Legenden” auf dem Nürburgring Volker Stryceks leidenschaftliche Fahrt, endgültig bremsen kann er sie aber nicht.

Zu weich gewählter Compound im zweiten Durchgang: Die neuen Reifen bleiben hinter den Erwartungen zurück, sie schmieren bei frühsommerlichen Temperaturen. Zudem fordert ein mutmaßlich loser Haubenverschluss einen weiteren Boxenstopp.

Auf klassischen Tourenwagen Rennen fahren: Mit dem bloßen Abstauben altehrwürdiger Materie hat das wenig zu tun. Die Basismodelle und Bauausführungen mögen ihren Vorbildern entsprechen. Doch in Wirklichkeit fordert der Umgang mit den (DTM-)Lieblingsmodellen aus längst vergangener Zeit zeitgemäßes Engineering. Der Hintergrund ist allzu einfach: Auf der einen Seite ist es selbst bei neuen Altteilen aus dem Regal, so sie denn zur Urzeit aus Leichtmetallen gefertigt worden sind, nicht anzuraten, diese einfach zu verbauen und Höchstbelastung auszusetzen. Es geht also um die Beschaffung und Wiederherstellung maßgeblicher Komponenten. Auf der anderen Seite haben sich viele Materialen im Laufe der Jahrzehnte grundlegend verändert, eine andere Charakteristik angenommen. In beiden Fällen ist Engineering – Ingenieursarbeit – gefordert, um Abhilfe zu schaffen. Bei Steffan Irmler ist der Technologietransfer vom Tagesgeschäft an die Rennstrecke auf vergleichsweise kurzen Wegen darstellbar, der Niedersachse führt zuhause in Mariendrebber einen organisch gewachsenen Betrieb für Prüf- und Zerspanungstechnik. “Nur so ist es für mein Team und mich überhaupt möglich, einen damals schon hochentwickelten DTM-Rennwagen auf einer Rohkarosse gänzlich neu aufzubauen”, stellt er fest, “der bloße Griff ins Regal mit den Altbeständen hilft da schon lange nicht mehr. Selbst NOS-Teile – New Old Stock – sind durch Lagerung über einen längeren Zeitraum einem Alterungsprozess ausgesetzt. Es ist daher gescheiter, originale Technologien als Vorlagen zu verwenden, sie datenmäßig zu erfassen und sauber zu reproduzieren. Selbstverständlich machen wir das alles auch für unsere Kunden, die entsprechende Dienstleistungen bei uns nachfragen.”

Ein gutes Beispiel liefert der neue, aus Aluminium geschmiedete, einteilige Radtyp IRM-GRA10 in 8,5 x 17. Diese Innovation lehnt sich an ein 1989 in der DTM gebräuchliches Design an, das seinerzeit aus Magnesium gefertigt worden ist und insgesamt recht schlank gehalten ist. “Einen breiteren Felgentyp bringen wir in den Radhäusern des Opel Kadett GSi 16V Gruppe A auf dem von uns bewusst gewählten Stand von 1988 nicht unter”, erläutert Steffan Irmler, “erst auf dem weiter entwickelten Stand von 1989 sind die Radhäuser nach innen etwas stärker vergrößert worden, was dem Bauraum zugute kam.” Die schlanke Linie erfordert einen heute gebräuchlichen Reifen, der der Charakteristik vor 35 Jahren zumindest halbwegs entspricht. Abgesehen von der nicht immer ganz einfachen Verfügbarkeit, ist das Herausfahren der optimalen Bestückung ebenfalls eine Herausforderung. Testet man einen Reifen bei spätwinterlich-frischen Bedingungen wie im März in Papenburg, müssen die Ergebnisse nicht zwingend auf wärmerem Asphalt zwei Monate später auf dem Nürburgring genauso anwendbar sein. Genau das zeigte sich bei den “Tourenwagen Legenden” im Rahmenprogramm des 51. 24-Stunden-Rennens auf dem Eifelkurs. Steffan Irmler und der langjährige Opel-Sportchef Volker Strycek nahmen daran mit dem Kadett teil. Die Aufgabenstellung: neben der Klassenwertung vor allem eine achtbare Platzierung in der Gesamtwertung für den kompakten Zweiliter-Renner. Mit dem 18. Gesamtrang im 35 Wagen starken Feld gelang dies im Qualifying zwar auf Anhieb. Das erste Rennen fand bereits am Freitagnachmittag bei schönstem Sonnenschein statt, die Begeisterung und die Zuschauerkulisse waren groß. Im Verlauf des auf 30 Minuten angesetzten Sprints musste Volker Strycek jedoch mit gerissenem Keilriemen die Box ansteuern. “Die Ladespannung fiel ab”, berichtete der versierte Techniker, “in einem solchem Fall muss man sich sputen, alles überprüfen zu lassen.” Die Irmler-Mannschaft, so gut sortiert wie motiviert, beschloss sofort: “Das ziehen wir durch, das bringen wir wieder in Ordnung!” So konnte während der verbleibenden Restrunden zumindest noch ein Systemcheck erfolgen. Spaß machte die Fahrt trotz der Unterbrechung: Der Sieger des 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring 2003 mit dem Opel Astra V8 Coupé entstieg dem Kadett mit einem strahlenden Lachen: “Das war trotzdem geil heute, ein großes Dankeschön!”

Im zweiten Durchgang lag es an Steffan Irmler, auf britischen Avon-Reifen über die komplette Distanz zu gehen. Kurz nach der Startfreigabe stellte sich jedoch heraus, dass der Compound zu weich gewählt war. Auf der aufgewärmten Fahrbahnoberfläche bei Außentemperaturen um die 20 Grad Celsius begann der Pneu, zu schmieren. “Ich musste meine Fahrlinie viel zu früh öffnen, das Lenkrad gerade stellen, um zu kompensieren”, stellte Steffan Irmler fest. Hinzu kam der Verdacht auf einen mutmaßlich losen Fronthauben-Sicherungssplint: für ihn der Anlass zu einem weiteren Boxenstopp, aus Sicherheitsgründen diesmal. Schließlich war der 20. Gesamtrang der Lohn der Zieldurchfahrt. Sein Fazit fiel positiv aus: “Wir haben wieder viel gelernt über unseren Neuzugang im Team. Wir haben im Laufe der vier Tage am Nürburgring an mehreren Stellschrauben gedreht und müssen nun zumindest eine wieder zurückdrehen – aber ein großer Auftritt vor vielen Fans war es auch so.” Bis zum kommenden Wochenende besteht noch Gelegenheit, die Konfiguration des Kadett weiter zu verfeinern. Ebenfalls am Nürburgring erwartet ihn und Volker Strycek der zweite Termin der “Tourenwagen Golden Era”. Dann wird sich zeigen, ob der Prozess der technischen Erarbeitung schon weiter vorangeschritten ist. “Rennen fahren ist für uns kein Selbstzweck”, fasst Steffan Irmler zusammen. “Wir vollziehen all das nach, was früher einmal den Automobil-Herstellern vorbehalten war. Das ist einerseits keine allzu einfache Aufgabe, es macht aber auch großen Spaß – und außerdem erhalten wir so ein rollendes Testlabor für unsere Irmler Racing Felgen, die uns als hauseigenes Produkt sehr am Herzen liegen.”

Verantwortlich für den Inhalt: netzwerkeins GmbH, Carsten Krome
Fotografie: Martin Poppe für Irmler Racing

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https://www.irmler-racing.de/