Plögers feine 64er | knallbunte Varianten des Erfolgstyps 964
1992er 911 (964) Carrera 2, Upgrade zum RS(R) 3.8 Coupé

Erinnern Sie sich? In verschiedenen werk1-Ausgaben im Erscheinungsjahr 2014 (Titelstory: „Bericht aus Berlin“), dokumentierten wir in drei Kapiteln die Hommage unseres Berliner Porsche-Freundes Hanns-Oliver Plöger an das legendäre Porsche 911 (964) Carrera Coupé des Jahrgangs 1993. Der Szene-Scout hat zusammen mit Thomas „Fischi“ Fischer von FSR Sportauto in Freiberg ein weiteres, sehr persönliches Traumauto von der Rohkarosserie hin zum RS(R) 3.8 Coupé in der Wunschfarbe „Gelbgrün“ realisiert. Hier erhalten Sie einen Einblick in die Beweggründe, warum dieses neue, zusätzliche Projekt aus der Sicht seines Initiators eine (vor-)letzte Lücke in „Ollis Garage“ schließen musste.

Sonderaufbau für Herz und Seele.
1992er Porsche 911 Carrera 2 der Generation 964 in der Straßenversion des legendären RS(R) 3.8 Coupés.

„Liebe werk1-Leserinnen und Leser! Meine persönlichen Erfahrungen beim Neuaufbau eines Wunschfahrzeuges auf Rohkarosse sind sicherlich nichts für schwache Nerven und auch nicht innerhalb kurzer sechs Monate zu realisieren, wie Profi-Fachbetriebe wie AP Car Design rund um Thomas Nater ganz bestimmt zu bestätigen wissen. Aber wie heißt es doch so schön im Volksmund? Gut Ding will Weile haben!

Einige kennen mich ja bereits schon seit einigen Jahren als einen aktiven Porsche-Enthusiasten, der sehr gerne und regelmäßig mit seiner Frau Andrea zu nationalen wie internationalen Porsche-Treffen fährt und über das eine oder andere Event auch schon in werk1 berichtet hat. Immer dabei ist einer der knallbunten Vierundsechziger aus unserem Fundus – oder, wie es in unserer „Facebook“-Gruppe so treffend heißt: aus „Ollis Garage“. Sie sind übrigens herzlich eingeladen, sich dort aktiv einzubringen!

Nun ist es kein Geheimnis, dass meine Liebste und ich dem Porsche 911 vom Typ 964 besonders zugetan sind und hier insbesondere die prägnanten, bunten Porsche-Farben der neunziger Jahre mögen. Der Typ 964 kann sicherlich sehr viele Farben von Hause aus gut tragen, aber uns haben es die Bonbon-Farben wie beispielsweise „Maritimblau 38B“ („Feuer und Flamme“), „Mintgrün“ („Anwalts Liebling“) oder „Sternrubin“ („La Rubinha“) angetan. In der Szene sind derartige Neunelfer vom Typ 964 eher selten im Angebot, so dass man sich manchmal auch eine bestimmte Knallerfarbe von Porsche aus den 70er-Jahren nachträglich auf Wunsch lackieren lassen muss, will man diese unbedingt auf einem 964er spazierenfahren.

So kam es, dass ich die Farbe „Gelbgrün“ (sprich: „lime green“) im Jahr 2016 für mein neuestes Projektfahrzeug ausgewählt habe – noch nicht wissend, dass diese Farbe später als „Lizardgrün“ beim 991.2 GT3 RS von Porsche quasi neu aufgelegt werden würde. Jedenfalls ist es selbst den Mitarbeitern der Porsche-Exclusive-Abteilung in Stuttgart-Zuffenhausen auf meine persönliche, gezielte Nachfrage hin im Jahr 2019 anlässlich der Werksabholung eines 991.2 GT3 RS in „Miamiblau“ von meinem Freund Robert nicht möglich gewesen, einen Unterschied zwischen „Gelbgrün“ und dem neu belebten „Lizardgrün“ festzustellen. Insoweit ist dieses Knallgrün leider nun doch etwas häufiger zu sehen als bei meiner Farbauswahl angenommen. Dies stört meine Leidenschaft für dieses gelbgrüne 964er-Einzelstück keineswegs. Es kommt vielmehr einer Bestätigung gleich, dass nicht nur ich diese Farbe außergewöhnlich gut finde!

Seit 1993 bin ich begeistert von dem seinerzeitigen Spitzenmodell aus der Porsche-Motorsport-Abteilung, dem Porsche 964 RS(R) 3.8 Coupé. Als ich von 2010 bis 2013 meinen „Continental“-orangen 964 Carrera RS 3.8 Clubsport („Bericht aus Berlin“) auf Rohkarosserie zusammen mit „Fischi“ aufgebaut habe, war das für mich die Erfüllung eines Traums. Seitdem habe ich mit diesem Exempel aus unserer kleinen Sammlung an diversen Trackdays und Porsche-Fahrveranstaltungen teilgenommen, die mich immer wieder in die Zeit des ADAC-GT-Cups des Jahres 1993 zurückversetzten, als ich auf der Berliner Avus am 8. und 9. Mai jenes Jahres als Zuschauer insbesondere den damals neu eingesetzten 964 Carrera RS(R) 3.8 mit allergrößter Begeisterung beim Rennen fahren auf dem berühmten Stadtkurs zugejubelt habe. Im Fahrerlager habe ich mir als Porsche-Neuling mit dem ersten eigenen 964 Cabriolet in „Mintgrün“ damals ehrfürchtig die Rennboliden aus nächster Nähe angesehen. Seitdem wusste ich, dass es für mich die Krönung schlechthin sein würde, selbst irgendwann einmal einen solchen Carrera RS(R) 3.8 zu besitzen – und vor allem zu fahren! Aufgrund der Seltenheit und der damit verbundenen Kaufpreise für gebrauchte Fahrzeuge kam allerdings nur ein Replikat nach meinen Vorstellungen in Betracht, was beim Aufbau auf Rohkarosserie den Charme hat, sich zumindest die Farbe aussuchen zu dürfen – letztlich mein persönlicher PTS-Farbton nach Wunsch.

Die Entscheidung, einen zweiten 964 Carrera RS(R) 3.8 als Straßenversion aufbauen zu wollen, war eine logische Folge des ersten Aufbaus unserer orangen „Rennbüchse“. Diese ist aufgrund der Matter-Einschweisszelle und auslackiertem, ungedämmtem Innenraum mit den zwei Vollschalensitzen nicht Ehegattinen-konform. Der Innenraum ist eng, unbequem und vor allem sehr laut. Für größere Strecken ist das nichts für meine Andrea, auch wenn sie sonst viel mitmacht und auch vollgasfest ist. Ich wollte einen zweiten RS 3.8 haben, der nach den Spezifikationen der straßenzugelassenen Version aufgebaut ist – also mit Dachhimmel, RS-Teppichsatz und ein wenig Dämmung ausgekleidet, damit dieser auch bei den längeren Anreisen zu Porsche-Treffen von ihr akzeptiert wird. Unser „Continental“-oranger Carrera RS 3.8 Clubsport ist für eine intensive Nutzung auf abgesperrten Rundkursen bestens geeignet, aber gelegentlich längere Ausfahrten sind insbesondere für den Beifahrer wohl eher eine Tortur als ein Vergnügen.

Mein Freund Thomas „Fischi“ Fischer, Inhaber einer Spezialwerkstatt für Porsche-Fahrzeuge – „FSR-Sportauto“ in Freiberg – hat die Basis für das gelbgrüne Projektauto ausfindig gemacht und dieses war dann schnell gekauft, weil die Eckdaten ganz einfach stimmten: ein schmal gehaltenes 964 Carrera 2 Coupé ohne Schiebedach mit weniger als 75.000 Kilometern Laufleistung und 5-Gang-Schaltgetriebe mit Sperre. Die Farbe ab Werk war „Maritimblau 38B“, jedoch hatte der Vorbesitzer in Japan offensichtlich einen Hang zum Rot und wollte eigentlich einen 993 RS haben, da das Basisfahrzeug innen wie außen in „Indischrot“ umlackiert und mit GFK-Teilen zum 993-RS-Clone umgebaut worden war. Insofern gestaltete sich der Rück- und Umbau karosseriemäßig etwas umfangreicher, aber am Ende habe ich ein perfektes RS(R) 3.8 Coupé erhalten. Zeitlich zog sich das Projekt von 2015 bis 2019 dahin, denn zwischendurch kamen die Arbeiten immer wieder zum Erliegen.

Der Aufbau über den langen Zeitraum von vier Jahren war sicherlich nicht geplant, durch diesen Umstand konnte jedoch alles in Ruhe und Gelassenheit erledigt werden. Meister Peter Finger und der Rest des Freiberger FSR-Werkstatt-Teams haben beim Zusammenbau einen tollen Job gemacht und viele liebevolle Details verwirklicht. Dennis Dragunski von der Firma „elferwelt“ stimmte auf seinem Leistungsprüfstand den Motor ab. Der 3.8 Liter große Sechszylinder-Boxer ist mit 288-Grad-Schrick-Nockenwellen ausgestattet, er läuft sehr gut. Der Auspuffspezialist „EDEL01“ hat den Endschalldämpfer individuell am Fahrzeug passgenau entworfen und verbaut, denn die Auspuffanlage sollte dem des Originals entsprechen. Ein Fächerkrümmer-Satz war nicht eingeplant, es ist ein Kat-Kreuz vom 993 mit 200-Zeller-Sport-Katalysatoren, modifiziert durch die Firma Fuchs, verwendet worden.

Die Messtechnik bei Dennis Dragunski im westfälischen Herten ist inzwischen als ein „ehrlicher“ Leistungsprüfstand anerkannt, da dort keine Fabelwerte ausgeworfen werden. Die Motorabstimmung ist für Dennis eine echte Herzensangelegenheit, und es kann ihm kaum jemand das Wasser reichen. Sehr viele Betriebe vertrauen bereits auf das Fachwissen und die Spezialkenntnisse seiner Firma bei der Feinabstimmung auf dem Leistungsprüfstand. So konnte ein seidenweicher Motorlauf bei einer zugleich sehr guten Charakteristik sowie bestmöglicher Leistungs- sowie Drehmomentkurve programmiert werden. Die Motorleistung liegt bei über 300 PS und einem maximalen Drehmoment von 360 Newtonmetern. Die endgültige Abstimmung erfolgt erst 2021, da Dennis seinen neuen Prüfstand in anderen Räumlichkeiten noch nicht in Betrieb nehmen konnte und „Fischi“ nach der ersten Grundabstimmung noch Modifikationen vorgenommen hat.

Fahrwerksseitig habe ich wieder auf das bei meinen Trackdays bereits in der „Orange“ bewährte, neue Bilstein „PSS10“ in der „Walter Röhrl“-Edition mit Unibal-Domlagern vertraut, für mich gibt es für den 964er einfach kein besseres Fahrwerk auf dem Markt! Zudem machen die Vorderachs-Komponenten des 911 (993) GT2 Evo und die obligatorische, manuelle Lenkung des 964 RS das Setup perfekt.

Meine originalen Speedline-„Cup”-Felgen in 9,5J x 18 ET 57 vorn und 11J x 18 ET 5 hinten habe ich wie immer von Mario Mertens von der Firma „MF Felgenveredelung“ in Velten bei Berlin revidieren lassen, da diese eben über das notwendige Know-how verfügen, meine sehr seltenen und inzwischen ebenso wertvollen Unikate fachgerecht zu überholen. Die Felgensterne sind in „Gelbgrün“ lackiert. Michelin-Reifen des Typs „Pilot Sport 2“ in der Porsche-Kennung „N3“ sind in der Dimension 225/40 ZR 18 an der Vorderachse und in 285/30 ZR 18 an der Hinterachse montiert.

Die hervorragenden Sattlerarbeiten führte der Sattler Marcel Wolf im Hause FSR aus. Ich wollte unbedingt Vollleder und habe einige Originalteile wie Armaturenbrett und Schlüsselleisten hinzugesteuert. So sind das Armaturenbrett, die schmale Knieleiste sowie die Schlüsselleisten in Vollleder schwarz ab Werk ausgeführt, die Mittelkonsole und die RS-Sitze sind in schwarzem Echtleder bezogen worden. Der Schaltknauf und die Handbremshebel in Aluminium/Leder schwarz entstammen dem Porsche-Exclusiv-Programm. Hans Hahn mit seiner Firma „Hahn GFK“ fertigte den Doppelspaltflügel-Heckdeckel vom Typ RS(R) 3.8 aus einem Karbon-/Kevlar-Gemisch und die großen RS-Lufteinlässe für die Bugschürze, alles mit einer sehr guten Passgenauigkeit und in hervorragender Qualität. Die Frontspoiler-Lippe steuerte Patrick Zimmermann von „dp Motorsport“ dazu, da mir diese hinsichtlich des aerodynamischen Anpressdrucks effektiver zu sein schien als die ehemals zweiteiligen Frontsplitter links und rechts an den Seiten.

Es ist immer wieder schön, dass ich mich auf „meine“ Porsche-Familie verlassen kann! Die Instrumente sind demzufolge von einem anderen Freund, Harald „Harry“ Patton von „FHP Chiptuning“ in Saal/Donau, überholt und verfeinert worden. Den werksseitig im Kofferraum angebrachten Sticker mit dem Farbcode „Gelbgrün“ in seiner Original-Optik habe ich von Norbert Franz mit seiner „open-S Manufaktur“ (www.open-S.de) professionell nachgefertigt bekommen, ebenso den Hersteller-Aufkleber an der Innenseite der Fronthaube. Ein super Service, wie ich finde – gerade, wenn die Produktionsaufkleber fehlen oder wegen Nachlackierungen nicht mehr zu retten sind. Ich mag diese kleinen, aber sehr feinen Details an meinem Aufbau ganz besonders!

In diesem Sinne wünsche ich allen weiterhin viel Spaß – nicht zuletzt in und mit der vorliegenden werk1-Ausgabe! Ihr und Euer Szene-Scout Hanns-Oliver Plöger“.

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tech-data – die technische Dokumentation in allen relevanten Details

Fahrzeugtyp: 1992er Porsche 911 (964) Carrera 2 Coupé, Upgrade zum RS(R) 3.8 Coupé mit Straßenzulassung

Modelljahr des Basisfahrzeugs: 1992 (N-Programm)

Basisfahrzeug: Ausführung ohne Stahl-Schiebedach

Karosserie (Werksauslieferung): 2-türige, 2+2-sitzige, selbsttragende, geschlossene Coupé-Karosserie aus beiderseitig feuerverzinktem Stahlblech in Leichtbauweise; verformbare Bugverkleidung aus Kunststoff mit integriertem Leichtmetall-Stoßfänger, an Prallrohren befestigt; Kunststoff-Seitenschweller-Verkleidungen; bei 80 km/h automatisch ausfahrender Heckspoiler im Heckdeckel; verformbare Heckverkleidung aus Kunststoff mit integriertem Leichtmetall-Stoßfänger, an Prallrohren befestigt

Umrüstmaßnahmen: nachträgliche Karosserie-Verbreiterungen; modellspezifische Bugschürze (Carrera RS 3.8 Coupé); Doppelspaltflügel-Heckdeckel aus Karbon-/Kevlar-Gemisch mit einstellbarem Heckspoiler-Hauptblatt; neue Innen- und Außenlackierung in „Gelbgrün”

Motor: luftgekühlter Sechszylinder-Leichtmetall-Boxer; zwei Ventile pro Zylinder; Steuerketten-Antrieb der Nockenwellen

Motor-Umrüstmaßnahmen: Hubraum-Erweiterung auf 3.746 ccm (102 mm Bohrung, 76,4 mm Hub); zweiflutige Edelstahl-Abgasanlage; Motronic-Anpassung

Motorleistung (Werksauslieferung): 250 PS bei 6.100/min (1992er Porsche 911 Carrera 2 Coupé)

Motorleistung (neu): 300 PS plus (Leistungsprüfstand)

maximales Drehmoment (Werksauslieferung): 310 Newtonmeter bei 4.800/min

maximales Drehmoment (neu): 360 Newtonmeter (Leistungsprüfstand)

maximale Drehzahl (Werksauslieferung): 6.800/min

Kraftübertragung: manuell geschaltetes Fünfgang-Getriebe Typ G50/03; Antrieb über Doppelgelenkwellen auf die Hinterräder; Sperrdifferenzial

Bremsanlage: Zweikreis-System mit achsweiser Aufteilung; rote Vierkolben-Aluminium-Festsättel (vorn Typ 964 turbo 3.6, hinten 964 RS); innenbelüftete, gelochte Bremsscheiben

Radaufhängungen (vorn): einzeln an Leichtmetall-Querlenkern und Federbeinen in McPherson-Bauweise; Bilstein-Sportfahrwerk „PSS10“ in „WR-Edition” mit Unibal-Domlagern; Schraubenfedern; Stabilisator; Querabstützung zwischen den vorderen Federbeindomen

Radaufhängungen (hinten): einzeln an Leichtmetall-Schräglenkern und Federbeinen; Bilstein-Sportfahrwerk „PSS10“ in „WR-Edition” mit Unibal-Domlagern; Schraubenfedern

Räder: dreiteilige Speedline-„Cup”-Felgen in 9,5J x 18 ET 57 vorn und 11J x 18 ET 5 hinten

Reifen: Michelin „PS 2 N3“ des Typs „Pilot Sport 2“ (225/40-18 vorn und 285/33-18 hinten)

Interieur: stark vereinfachte Ausstattung; Profilschalensitze mit Glattleder bezogen; 964-Porsche-Clubsport-Dreispeichen-Lenkrad ohne Airbag; Leichtbau-Türinnenverkleidungen mit Zugschlaufen vom Typ 964 RS

Leergewicht (nach DIN 70 020; Serienumfang bei Werksauslieferung): 1.350 kg

Leergewicht (neu, ohne Kraftstoff): 1.220 Kilogramm

Beschleunigung (0 – 100 km/h; Serienumfang bei Werksauslieferung): 5,7 sec.

Höchstgeschwindigkeit (Serienumfang bei Werksauslieferung): 260 km/h

Referenz Höchstgeschwindigkeit RS(R) 3,8 Coupé: 265 bis 280 km/h (je nach sportlichem Reglement und Rennstrecken-spezifischer Konfiguration)

Weiterlesen? Gerne, in der werk1-Sommerausgabe 02.2021:

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