Praxistests mit Neuwagen mögen der Norm entsprechen. Wir möchten nicht immer das machen, was schon alle anderen tun. Die Konsequenz: weit mehr als 1.000 Kilometer mit einem 1975er Porsche 911 2.7 Coupé, einem Kremer-Aufbau zum Gruppe-4-Rallyewagen. Wir haben das kunterbunte Sport- und Spielmobil auf schlechter Wegstrecke vom Zügel gelassen, vor allem aber im Hochgeschwindigkeitsbereich. Dank der Original-Übersetzung werden zumindest die Dimensionen des Porsche Carrera RS 2.7 Coupés erreicht – eine Herausforderung, nicht nur bei der Fahrwerksabstimmung. Am leicht abgegriffenen Dreispeichen-Volant schloss Carsten Krome mit dem vierrädrigen Charaktertypen schnell Freundschaft.

Freitag, 22. Mai, irgendwann am Vormittag. Ja, ich werde zu spät sein – zu spät jedenfalls, um im 483 Kilometer entfernten Tuttlingen zur vereinbarten Stunde das Mikrofon in die Hand nehmen zu können! Ich habe am Abend noch etwas vor: Einen Sportfahrer-Abend werde ich moderieren. Ich habe ihn selbst ins Leben gerufen. Dieses Ereignis ist als Ouvertüre des ersten Sportwagentreffens in Neuhausen ob Eck gedacht: #myHEAVENeleven hat auf Anhieb ein gewaltiges Echo erzeugt. Die Veranstaltung am Vorabend ist jedenfalls bis auf den letzten Platz ausverkauft. Das weiß ich genau. Die Verkaufschefin des Hotels hat mich engmaschig über den letzten Stand der Buchungen unterrichtet. Auch in der Stresssituation vor zwei Tagen, als ein Aussteller Zimmer storniert hat. Sie sind schnell wieder vergeben, und die Lücke schließt sich erneut. Das alles tritt in den Hintergrund, als ich in Köln einen Zwischenstopp auf der Von-Hünefeld-Straße einlege. Ich habe bei Kremer Racing angehalten, um die Autos zu tauschen – meinen dieselnden Privatwagen gegen ein 1975er Porsche 911 2.7 Coupé, das zum Rallyewagen umgebaut worden ist.

Aufgefallen ist mir dieser für heutige Verhältnisse eher ungewöhnliche Testwagen bei einem Bergrennen, pardon: einer historischen Gleichmäßigkeitsprüfung oder neudeutsch: “Regularity Challenge”. Anscheinend handelt es sich bei dem silbernen Zweisitzer mit den dreifarbigen Blockstreifen um ein Universalgenie. Davon ist Fahrzeugbesitzer Eberhard Baunach überzeugt, der für das inzwischen 40 Jahre alte Vehikel allerlei Verniedlichungen findet. “Unser Äutöchen” ist nur eine der nett gemeinten Metaphern, die der ansonsten recht nüchterne Bankkaufmann aufbietet. Als er vom ersten Sportwagentreffen #myHEAVENeleven in Neuhausen ob Eck erfährt und den Vorschlag auf den Tisch bekommt, zwischen Köln und Tuttlingen eine Roadstory zu verwirklichen, sagt er spontan zu. Er stellt seinen Rallye-Porsche zur Verfügung und beauftragt den bekannten und inzwischen für Kremer tätigen Künstler Markus Feist, bei ihm vor Ort die technische Einweisung vorzunehmen.

Diese ist auf Freitag, den 22. Mai, irgendwann vormittags am Betriebssitz in Köln-Ossendorf, angesetzt. Somit schließt sich der Kreis. Nur der ohnehin etwas eng gesteckte Zeitplan gerät ins Wanken. Denn dieses äußerlich nicht mehr ganz taufrische G-Modell hat einfach Charme! Wie es so dasteht und in der Sonne glänzt, vereinnahmt es seinen Betrachter. Mal eben die Instrumente und die wichtigsten Funktionen durchhecheln, ohne einen Augenblick innezuhalten? Das geht nicht. Alles erzählt eine Geschichte. Von der Rallye Köln-Ahrweiler in der spätherbstlichen Eifel, vom Col de Turini in den französischen Seealpen, vom Jochpass in den Allgäuer Bergen. Dabei geht es im Inneren des Kremer-Porsche nicht übertrieben technologisch zu. Vom Rallye-Tripmaster und dem Lenkrad mit dem unvermeidlichen Zwölf-Uhr-Ring abgesehen, erinnert vieles an einen Serienwagen.

Das schafft ein Grundvertrauen, und dasselbe gilt für die Bestuhlung: Profilschalensitze mit Sechspunktgurten, natürlich! Die Türstreben des Überrollkäfigs lassen den Ein- und Ausstieg zur Turnübung werden, das bisschen Stauraum in der (angenommenen) zweiten Sitzreihe reduziert sich auf eine Helmtasche, von Klettbändern gehalten, in der immerhin zwei knitterfreie Hüte ihren Platz finden. Mehr als ein Sammelsurium kleinerer Beutel sollte unter keinen Umständen mitgeführt werden. Ach ja, der Zeitplan – als der Sechszylinder-Boxer endlich zum Leben erwacht und das iPad die weitere Zielführung übernimmt, ist die Verspätung mittlerweile auf 60 Minuten angewachsen. Jetzt muss es schnell gehen, aber ich habe ja ein schnelles Gefährt unter dem Hintern!

Auf der Autobahn 61 in Richtung Koblenz und weiter durch das enge Rheintal gilt ein Tempolimit – ich habe Zeit, mich mit den Gegebenheiten vertraut zu machen und ein Gefühl für den Benzinverbrauch zu entwickeln. Mein erster Gedanke: Die Tankanzeige “hängt” doch! Die Nadel bleibt verdächtig lange bei halber Füllung stecken, bewegt sich nicht. Ich werde zuerst nachdenklich, dann unruhig, schließlich halte ich kurz an und öffne den Heckdeckel mit dem charakteristischen “Entenbürzel”-Spoiler. Was ich herausfinden will? Mein Wissensdurst gilt dem Einspritzsystem. Da im Gegensatz zum RS 2.7 keine mechanische Einspritzpumpe im Einsatz ist, muss auch nicht mit exorbitanten Verbräuchen gerechnet werden. Die K-Jetronic mag kein Garant für Leistungsexplosionen sein, im ökonomischen Sinne weiß sie jedoch zu überzeugen. Bei konstant 4.000/min fließen auf 100 Kilometern ganz genau 11,904 Liter Superplus durch die Kraftstoffleitungen. Dem luftgekühlten Sechszylinder-Boxermotor mit 210 PS ist deutlich anzumerken, dass er aus den Händen eines alten Meisters stammt. Walter Heuser, der die Triebwerke der meisten Kremer-Rennlegenden zusammenschraubte, nahm auch dieses Dreiliter-Aggregat auseinander und setzte es wieder zusammen.

Ein satter Klang, ein Beschleunigen frei von Leistungsspitzen zeichnen einen Treibsatz aus, der mit Fug und Recht als das Herzstück eines Porsche 911 angesehen wird. Das Fünfgang-Schaltgetriebe des Typs 915 stört die Harmonie etwas. Beim Herunterschalten von der dritten in die zweite Fahrstufe kratzt es laut vernehmbar. Möglicherweise ist dies das Arbeitsfenster, in dem sich die Stammfahrer Eberhard Baunach, Jan Christian Hennen, Klaus Jürgen Pfeffer oder Michael Küke meist bewegen. Mit etwas Feingefühl lässt sich jeder Gangwechsel zum Abschluss bringen. Unterwegs drängt sich die Frage auf, wie diese Eigenart wohl unter Wettbewerbsbedingungen zu beurteilen wäre. Am Jochpass zum Beispiel, mit herannahenden Felswänden vor Augen, könnte Stress aufkommen.

Diesen Effekt unterstreicht die Wahl der Bremsbeläge an der Vorderachse. Deren Dicke wäre für Langstreckenrennen sicher geeignet, nicht jedoch ihr Reibverhalten. Es ist beim Tritt aufs Bremspedal ein hoher Kraftaufwand erforderlich, um die zunehmend stärker werdende Verzögerung auszulösen. Sicher ist dies wie das Kratzen beim Herunterschalten eine Frage der Gewöhnung und des Feingefühls. Auf engem Raum, vor den Kehren einer Alpenstrasse zum Beispiel, könnte allerdings eine andere Lösung hilfreich sein. Dass die Vorderachse ein wenig rumpelt, hat Markus Feist im Zuge seiner Unterweisung erwähnt. Da das Poltern keinen störenden Einfluss auf die Fahrdynamik hat, ist dieser Punkt jedoch zu vernachlässigen.

Hingegen drängt sich nach einer kurzen Pause nach dem Austritt aus dem Rheintal – endlich keine Limitierung auf 130 km/h mehr, endlich wieder ein lückenloses Handynetz! – ein kleines, grünes Blinklicht in den Fokus: der Ölstand? Die Kontrolle in der Waagerechten, bei laufendem Motor, ergibt ein – formulieren wir es so – interpretationsfähiges Ergebnis: Es sieht recht knapp aus. Da kein Nachfüllöl an Bord ist, muss es das Sortiment der Autobahntankstelle richten. Doch als ein halber Liter durch den Stutzen gegluckert ist – sauberes Zielen nicht vergessen! – blinkt die Warnlampe weiter. Des Rätsels Lösung: Der Handbremshebel, mit der Serien-Verzahnung ausgerüstet und nicht zum “FlyOff” unbebaut, liegt nicht ganz unten. Nachdem dies erkannt und behoben ist, lautet die Losung: Feuer frei! Jetzt geht es stramm und ohne Tempolimit voran. Wir sind schließlich nicht auf der Nürburgring-Nordschleife, wo neuerdings geblitzt wird – das ist freilich ein anderes Thema!

Mit steigender Geschwindigkeit nimmt der Platzbedarf zu, den der flotte Vierziger – bezogen auf sein Alter – für sich in Anspruch nimmt. Ab 180 km/h tritt ungeachtet des Heckspoilers, dessen Wirkung zur Urzeit mit schwäbischer Sorgfalt nachgewiesen worden ist, der Effekt des “Gierens” auf. Dann läuft die Hinterachse merklich lose, und es hat keinen Sinn, mit einem hektisch geführten Lenkrad permanent nachzukorrigieren. Vielmehr empfiehlt es sich, das Volant ebenso lose zu führen wie die Hinterachse selbst – Mensch und Maschine im Einklang. Einmal an das Phänomen gewöhnt, geht die Fahrt im Zeitraffer voran, und auch die eingangs eingefangene Verspätung relativiert sich. Sogar die im Lowspeed-Bereich nicht zu einhundert Prozent überzeugende Bremse erhält Gelegenheit, sich zu bewähren.

Ein anderer Verkehrsteilnehmer, auf der ganz linken Spur rollend und von drei mitfahrenden Damen abgelenkt, übersieht den vierfarbigen Porsche, wechselt nach einem Phantom-Überholmanöver – da ist niemand! – die Spur, und baut eine Barrikade auf. Doch mit sanftem Dreh am Lenkrad weiter nach rechts und dosiert getretenem Bremspedal ist auch dies in den Griff zu bekommen. Schließlich ist das Ende der heutigen Fahrtstrecke in Sichtweite, und der Sportfahrer-Abend in Tuttlingen kann doch noch beginnen, wenn auch nicht ganz pünktlich – die Gäste warten schon! Am nächsten Morgen darf der 210-PS-Motor zeigen, was er bei einer Bergprüfung zu bieten hat. Der Weg von Tuttlingen hinauf nach Neuhausen ob Eck gleicht einem modernen Bergrennen, bei dem die Prototypen in Drehzahl- und Klangsphären vorstoßen, die die heutige Formel 1 nicht mehr auszeichnen. In den sehr flüssig durchfahrenen Schwüngen, als wirkliche Kurven kann man die Richtungswechsel strenggenommen nicht bezeichnen, lebt das Triebwerk auf.

Im hier gegebenen Geschwindigkeitsbereich, der die kritischen 180 km/h unangetastet lässt, ist der Kremer-Porsche in seinem Element. Nicht einmal die Minuspunkte am Getriebe sowie an den Reibbelägen der vorderen Bremsen fallen ins Gewicht. Lediglich die Reifen an der Vorderachse brauchen im unteren, am Morgen überschatteten Streckenteil einen Moment, ehe sie präzise einlenken. Bis dahin muss am Lenkrad gezupft werden wie einst in der Tourenwagen-Europameisterschaft 1984, als sich Gianfranco Brancatelli und Helmut Kelleners ein BMW 635 CSi Coupé der Gruppe A teilten. Kelleners, auch er wie so viele andere auch ein Ex-Kremer-Mann, wetterte noch Jahre später: “Der ‘Branca’ hat immer so verrückt am Lenkrad gezuckt, bis ich ihn gefragt habe, wo er eigentlich nach Grip suche. Ich war nie der Meinung, dass die Unruhe an der Vorderachse irgendetwas bringt. Das beschleunigt höchstens den Reifenverschleiss.” Nachdem mir dieser Merksatz der “Nas” vom Niederrhein in den Sinn gekommen ist, halte ich das Lenkrad so ruhig wie am Vortag und siehe da – das geht auch.

Schon ist der “takeOff-Gewerbepark” in 804 Metern Meereshöhe erreicht, das erste Sportwagentreffen #myHEAVENeleven nimmt seinen Lauf. Der Rallye- und Bergrennwagen, damit sei der Chronistenpflicht genügt, ziert die Sonderausstellung der Legenden von Neuhausen. Inmitten der 911 S/T und all den anderen Rennern aus den sechziger und siebziger Jahren wirkt er gut platziert. Niemandem fällt auf, das die Produktion des Serienwagens erst vier Jahre nach dem letzten Flugplatzrennen in Neuhausen ob Eck erfolgt ist. Als es am Abend im Stil einer Rückführung bei einem Bergrennen wieder talwärts geht, bläut beim Blick in den Innenspiegel der Auspuff – doch zu viel Öl aufgefüllt? Dabei ist es nur ein halber Liter gewesen! Am Pfingstsonntag steht die lange Heimreise auf dem Programm – und ein Fotostopp am Rande des Hockenheimrings. Seit einem Montagnachmittag im Oktober 2010 ist die Südtribüne eine bevorzugte Location für gut ausgeleuchtete Aufnahmen. Die Entdeckung dieses Fotoplatzes war das Ergebnis eines kurzen Seitenblicks auf der Autobahn. Da stand jemand mit seinem Porsche wie in einer von der Sonne überstrahlten Fotobox.

Ich habe mich damals zu einem kurzen Abstecher entschieden, um mir das Treiben aus nächster Nähe anzuschauen und guten Tag zu sagen. Es handelte sich um ein Mitglied des Online-Stammtisches Schwabenelfer.de, und eine Abordnung dieser sympathischen Truppe ist auch in Neuhausen ob Eck dabei – so klein kann die Welt sein! Am Pfingstsonntag gilt diese Feststellung in der schlaftrunkenen Rennstadt Hockenheim leider auch für die Tankstellen. Kaum eine hat geöffnet, und ein Eimer mit Waschwasser? Anscheinend für kein Königreich zu bekommen – muss also ein Scheibenwasch-Eimerchen mitsamt zweier grobmaschiger Fliegenschwämme herhalten! Die Aufbereitung des Fotomodells gelingt überraschend gut, und im abklingenden Licht des Tages, wohlklingende Rennstrecken-Geräuschkulisse im Hintergrund, beginnt der lichtbildnerische Teil. Allmählich löst sich der Spannungsbogen, denn die jetzt noch anstehenden Kilometer entsprechen einer Transportetappe.

Ist damit schon alles gesagt über dieses Auto und seine Eigenheiten? Nicht ganz, wie sich herausstellen wird. Denn zum Schluss, ganz zum Schluss, geht es über westfälische Reitwege. Diese sind zwar asphaltiert, aber von tiefen Schlaglöchern durchsetzt. Völlig unerwartet kommt es zum eigentlichen Aha-Erlebnis auf den weit mehr als 1.000 Testkilometern. Der Wagen liegt satt und sicher, wie von Saugnäpfen gehalten. Dies scheint die wahre Königsdisziplin des Kremer-Porsche zu sein, und auf einmal fällt es mir wieder ein: Er ist schließlich das, was er ist – ein Rallyewagen. Für Highspeed-Erlebnisse auf der Autobahn hätte man sein Fahrwerk, angefangen mit dem Höhenstand, anders abstimmen können und die Hinterachse nicht überbereifen sollen.

Fazit: kein automobiler Weggefährte für den Alltag, aber ein vielfältig einsetzbares Sport- und Spielgerät. Es hat Freude gemacht, seine liebenswerten Macken zu erleben, seine toten Insekten zu entfernen, seinen starken Charakter zu erkennen. Wir haben uns dem Spross aus gutem Hause in Demut genähert, und dabei in den elften Himmel geschaut – my heaven eleven eben.

Verantwortlich für den Inhalt: Carsten Krome Netzwerkeins

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#LifesBetterWithCameras #porschekremerracingcologne – damit verbinden #Porsche-Enthusiasten in aller Welt vor allem die nur sechs Jahre währende Ära des #935turbo, der als #Kremer935K3 von 1979 an den #Nimbus eines #Wunderautos erlangte. Die #Kreation der Gebrüder Erwin und Manfred #Kremer aus #Köln triumphierte als erster Spezial-#Produktionswagen bei den #24StundenvonLeMans über die reinrassigen #Prototypen. Aber einen #Rallyewagen? Auch gibt es seit einigen Jahren im reichhaltigen #Repertoire von #kremerracing, basierend auf einem 1975 ausgelieferten Porsche 911 2.7 #Coupé. Bei Events wie dem #JochpassOldtimerMemorial in #BadHindelang im #Allgäu zeigte der motorsportliche #Allrounder bereits im Oktober 2012 sein Potenzial. Auch die #Redaktion #werk1 #sportscarsculture war ausgiebig mit dem #KremerPorsche unterwegs: auf weit mehr als 1.000 Testkilometern zum ersten #myheaveneleven-#Sportwagentreffen in #NeuhausenObEck mit #CarstenKrome, #CarstenKromeNetzwerkeins @ Kremer Racing

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