Am 11. November 1991 veröffentlichte Michael Jackson seinen Song “Black or White”. Die erste Single-Auskopplung aus dem Album “Dangerous” wurde in vielen Ländern zum Nummer-eins-Hit, über 3,7 Millionen Exemplare wurden weltweit abgesetzt. Dieses Ereignis liegt inzwischen mehr als drei Jahrzehnte zurück. Nicht ganz so weit reicht die Historie eines motorsportlichen und gesellschaftlichen Ereignisses zurück, das in den ersten vier Septembertagen des Jahres 2022 schon zum 18. mal in der hochalpinen Kulisse des Schweizer Kantons Graubünden stattfand. Urs Erbacher hatte auf der 7,3 Kilometer langen Rennstrecke mit 76 Kurven und einer Höhendifferenz von 422 Metern von Langwies nach Arosa die Qual der Wahl: Er musste sich zwischen Schwarz oder Weiß entscheiden. Dabei hatte Michael Jackson doch damals gesungen: “It don’t matter if you’re black or white”. Um es gleich vorwegzunehmen: Urs Erbachers Qual der Wahl galt einem schwarzen und einem weißen Porsche 911, die gegensätzlicher kaum sein konnten …
“Endlich achtzehn!” Das dürften sich auf die rührigen Organisatoren eines Bergrennens in ein verträumtes Dorf auf 1.770 Metern Meereshöhe gedacht haben. Zum 18. mal begaben sich Oldtimer- und Sportwagenfreunde nach Arosa im Schweizer Kanton Graubünden, um viermal auf Zeit die kurvenreiche Bergstraße von Langwies hinauf zum Endpunkt eines malerischen Hochtals zu nehmen, gekrönt von einer Orts- und Zieldurchfahrt wie beim Grand Prix von Monaco. Da werden bestuhlte Tribünen mitten in Arosa errichtet, um in einem fast schon mediterranen Flair zwischen Espressobar, Pizzeria und Rennfahrerlager zu schlendern – eine Rezeptur, die sich mit Alpenländer Lebensart mischt und zu einer einzigartigen, selten erlebten Melange verdichtet. Dass sich die helvetische Werksvertretung der Porsche AG mit einem Staraufgebot aus Le-Mans-Fahrern der jüngeren Vergangenheit und dem kommenden Typ 963, dem LMDh-Rennsportwagen bei den 24 Stunden an der Sarthe zeigte, verwunderte angesichts dieses Settings wenig.
Eine weiße Zeltstadt hatten die Veranstalter nahe des Kongresszentrums errichtet, um den von nah und fern angereisten Teilnehmern an den ersten vier Septembertagen eine Heimstatt zu bieten – auch für Urs Erbacher aus Dornach, der zwei Porsche-Preziosen mitgebracht hatte. Während der schwarze Backdate-964er mit dem 4.3 Liter großen egmo-Sportmotor und TÜV-Zulassung weithin bekannt ist, handelte es sich beim weißen Porsche 911 S 3.0 der Gruppe 3 anno1974 um einen Neuzugang. Erstmals gab sich die zuvor vornehmlich im österreichischen Histo-Cup eingesetzte Rennausführung bei einem Schweizer Bergrennen die Ehre – mit nur 900 Kilogramm Leergewicht ein Anwärter auf vordere Platzierungen in der auf die Addition der drei schnellsten Fahrzeiten ausgelegten “Competition”-Kategorie. Bereits in den ersten zwei Durchgängen am streckenweise verregneten Rennsamstag zeigte sich, dass der Neuerwerb noch etwas mehr Entwicklungszeit braucht. Das Fünfgang-Schaltgetriebe des traditionellen Typs 915 erwies sich in den steilen Anstiegen als zu lang übersetzt, außerdem gestaltete sich die Beschaffung geeigneter Pneus im Sommer 2022 schwieriger als sonst.
Es dauert wohl noch, bis die Wandlung vom Rundtrecken-Neunelfer in einen hochspezifischen Bergmeister endgültig vollzogen ist. Das weiß auch Peter Huber aus Mörschwil in der Bodensee-Region, der seine Hommage an den legendären Gelo-Porsche 911 RSR 2.8 aus der Rennsportsaison 1973 zwar vor mehr als zwölf Jahren auf die Räder stellte, aber denselben Reifeprozess durchlaufen musste. Gerne blickt er in die Zeit Ende 2010 zurück, als eine deutsche Zeitschrift die Arosa-Premiere mit dem “indisch”-roten Renner flankierte. “Die Auflage war nach zwei Tagen komplett ausverkauft”, erinnert sich der “rote Porsche-Peter”, der sich im Anschluss um seinen Rufnamen nicht mehr sorgen musste. Man kennt und man nennt ihn bis heute so, und das findet der Spezialist für Gullydeckel – pardon, angewandte Abwassertechnik – schwer in Ordnung so. Seinen RSR-Aufbau treibt er voller Leidenschaft durch die Berge, genau wie sein Sportkamerad und Markenkollege “Duschi” Duschletta, der wie er auf ein Replikat des Carrera RSR 2.8 setzt. Einzig das “Martini Racing”-Farbschema als Reminiszenz an den “Stumpen Herbie” Herbert Müller macht den Unterschied zum RSR des “Roten Porsche-Peter” aus.
Urs Erbacher, der als sechsfacher FIA-Europameister in der “Top Fuel”-Königsklasse des Dragster-Racings eine Berühmtheit aus einer anderen motorsportlichen Fakultät ist, beschließt am Samstagabend einen Fahrzeugwechsel. Statt des weißen 911 S zieht er am Sonntag den schwarzen, für die Straße zugelassenen 964 Restomod vor – ein Farb- und Typenwechsel, passend zur veränderten Wetterlage. Nach dem Regen und dem Grau am Samstag strahlt am abschließenden Sonntag wieder die Sonne, verwandelt die Szenerie in ein Fest der Formen und Farben ( … to be continued … )
Weiterlesen? Sehr gerne, in der kommenden werk1-Ausgabe 03 // 2022, zum Jahresende im Handel …