DTM | 40: Zeitreise durch die Evolution einer Erfolgsgeschichte.

Sonderausstellung in der Essener Messe weckte Erinnerungen an vier Jahrzehnte Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft.

56. Essen Motor Show: Erfreulich vieles an der am 8. Dezember 2024 zu Ende gegangenen Leistungsschau der PS-Branche hatte auch diesmal mit Tradition zu tun, mit dem Lebenswerk des Messegründers Wolfgang Schöller. 1968 brach er auf, um die Idole der Sommermonate von den unweit des heimischen Ruhrgebietes gelegenen Rennstrecken auch zur Winterzeit zu präsentieren – daheim im Revier, unter Dach. Der einfach gestrickte Plan ging auf, die fünfte Jahreszeit in den Messehallen am Grugapark wurde zu einem Festakt für Akteure und Publikum gleichermaßen. Auf Anhieb kamen 57.000 Zuschauer zur ersten Ausstellung. Der Eintritt damals: vier D-Mark. 1970 erreichten die Besucherzahlen erstmals ein sechsstelliges Niveau, und eine besondere Rolle spielten dabei von Anfang an die lokalen Größen.
Seit Mitte der siebziger Jahre war ein Rennfahrer aus Essen-West ein solcher “Local Hero”, der dank Volksnähe, Show-Einlagen und einem schier unerschöpflichen Fundus erlebter Geschichten zu einem der Ankerpunkte der “Sport- und Rennwagenausstellung” wurde: Harald Grohs, heute 80-jährig und noch immer aktiv auf jenem BMW-Modell im Einsatz, dem er 1987 den ersten internationalen Erfolg bescherte. Der M3 der Baureihe E30 und der “Nippel”, wie sie ihn einst ehrfürchtig nannten: Das ist bis heute eine Symbiose geblieben. Gleich zwei Exemplare, die er noch immer im historischen Tourenwagen-Rennsport ausführt, waren bei der diesjährigen, der 56. Essen Motor Show vor mehr als 200.000 Besuchern zu bestaunen.
Eines der beiden Originale führte im Eingangsbereich der Messehalle 3 eine Sonderausstellung an, die einem allzu naheliegenden Thema gewidmet gewesen ist: 40 Jahre DTM, markiert von einem 1984 beginnenden Zeitstrahl. Der ADAC als ideeller Träger und die Messe Essen initiierten die Präsentation gemeinsam. Der vom Journalisten Carsten Krome gegründeten netzwerkeins GmbH kam die Ehre zu, bei der Zusammenstellung der Exponate unterstützend mitzuwirken. Zurück zu den Anfängen der DTM: Am 11. März 1984 begann im belgischen Zolder die Erfolgsgeschichte der Deutschen Produktionswagen-Meisterschaft. Als erster Sieger ging – ausgerechnet – Harald Grohs aus Essen in die Geschichtsbücher ein. Den Meistertitel errang er aber nicht, 1991 stieg er nach sieben Spielzeiten aus der Tourenwagen-Bundesliga aus und wechselte in die Porsche-Markenpokale.
Davon kündete in Essen nicht nur sein 1987 genutzter BMW M3 Gruppe A, sondern auch das Vorgängermodell, das 1983 zunächst für die Tourenwagen-Europameisterschaft entwickelte 635 CSi Coupé Gruppe A. Gleich zwei der eleganten Zweitürer waren Bestandteile der Sonderausstellung, flankiert von den damaligen Sparringspartnern, dem Volvo 240 turbo und dem Rover Vitesse. Auch die Vorgeschichte der Deutschen Produktionswagen-Meisterschaft, aus der zwei Jahre nach ihrer Gründung die DTM 1986 hervorging, fand noch einmal Erwähnung. Zwei Zakspeed-Ford aus der “Geilen Zeit” der Gruppe 5, der Deutschen Rennsportmeisterschaft, waren ebenfalls mit von der Partie. Der Mampe-Escort startete 1977 mit einem Zweiliter-Saugmotor, der Sachs-Capri zwei Jahre später mit einem Vierzylinder-Turbo mit 1.4 Litern Hubraum.
1988 war es dann der Ford Sierra RS 500 Cosworth Gruppe A, der mit Klaus Ludwig zu Meisterehren gelangte. 1989 sorgte der Würth-“Cossie” von Walter Wolf mit den Fahrern Armin Hahne und Alain Ferté für Furore. Beide automobilen Zeitzeugen waren gleichsam zugegen, die Ford-Präsenz mit vier Exponaten passte natürlich zum gegenwärtigen Zeitgeist. Denn Ford wird mit dem Mustang in der kommenden Saison 2025 nach drei Jahrzehnten in die DTM zurückkehren, der Mustang GT 5.0 war 1984 ab dem ersten Rennen mit dem Moerser Flugkapitän Manfred Trint am Start. Als exakt zehn Jahre später die Homologation auslief, endete die längste Karriere eines einzelnen Renntourenwagens in der DTM. Dauerbrenner seit der ersten Stunde waren natürlich auch die Opel-Piloten, die in den neunziger Jahren ein schier unglaublicher Fankult umgab. Aus der Zeit vor dem werksseitigen Einstieg mit dem Omega 3.000 24V im Jahr 1990 stammt ein halbprivater Entwicklungsträger, den der Oberhausener Tuner Helmut Kissling 1988 bei den Langstreckenrennen auf der Nürburgring-Nordschleife mit den Fahrern Kurt Thiim und Christoph Esser einem Reifeprozess unterzog. Heute fahren damit der sechsmalige Radweltmeister Klaus-Peter Thaler und sein Sohn Christian. Für die Neuzeit nach der Jahrtausendwende stand das Opel Astra V8 Coupé mit seinen nach oben öffnenden Türen, die Joachim Winkelhock im DTM-Jahr 2000 auf dem Norisring im Wortsinn zu einem glanzvollen Sieg “beflügelten” und im Anschluss einen vielzitierten Tuning-Trend begründeten.
Zu diesem Zeitpunkt war die Regentschaft des Alfa Romeo 155 GTA und des V6 ti ITC bereits wieder vorüber. 1993 führte der deutsche Koordinator Klaus Steinmetz die rote Diva von der Mailänder Via Gallarate in die DTM, auf Anhieb sprang für Nicola Larini der Meistertitel dabei heraus. Das 1994 vom Münchner Christian Danner in der DTM gefahrene Original war in der Sonderausstellung ebenso zu besichtigen wie der acht Jahre jüngere ABT-Audi TT-R, den Christian Abt 2002 mit langem Radstand und weit nach hinten versetztem Flügel auf dem siebten Meisterschaftsrang platzierte.
Beide Preziosen spedierte MK Mücke Motorsport Classic von Berlin aus in die Ruhrmetropole, flankiert von einem besonderen AMG-Mercedes-Benz der C-Klasse. 2005 steuerte Rekordmeister Bernd Schneider das Gitterohrrahmen-Chassis mit dem infernalisch klingenden Achtzylinder-Treibsatz als Neuwagen, 2006 Stefan Mücke und 2007 schließlich Suzanne „Susie“ Wolff (geb. Stoddart) als Jahreswagen. 2024 feierte Stefan Mücke mit seinem 18 Jahre zuvor genutzten Ex-Dienstwagen ein Wiedersehen. Bei der DTM Classic 2024 auf dem Norisring glänzte er mit sensationell schnellen Rundenzeiten, die in der Startaufstellung der aktuellen DTM für einen Platz in der dritten Reihe gereicht hätten.
Es sind Geschichten wie diese, die die ersten 40 Lebensjahre der DTM geprägt haben. Davon kündeten die Sonderausstellung im Eingangsbereich der Halle 3 und natürlich auch Harald Grohs als Zeitzeuge – der mit großer Ausdauer Autogramme in vierstelliger Höhe schrieb. Aufmerksamen Beobachtern ist nicht verborgen geblieben, dass die Themeninstallation auch eine Hommage an das einst von Wolfgang Schöller (am 2. August 2017 in seiner Heimatstadt Essen verstorben) initiierte Show Center sein könnte und damit das Potenzial mitbringt, wieder zur festen Größe zu werden. Der internationale Zuspruch war ein deutliches Signal, dass Lieblingsautos in ihren besten Jahren neben all den anderen Reizen der Essen Motor Show noch immer zu begeistern wissen. Mögliches Motto: The Best Ager Formula.
Das war auch die Devise in Halle 8 bei den Tourenwagen Legenden, wo sechs aktuelle Teilnehmerfahrzeuge auf die Klassenvielfalt der Rennsportserie hinwiesen – angeführt vom Porsche 935 dp II, den Dirk und Mike Torwesten am BILSTER BERG und im niederländischen Assen ausführten. Die folgenden Aufnahmen aus dem Cockpit zeigen eindrucksvoll, dass damit keine betuliche Oldtimer-Ausfahrt gemeint ist.
Verantwortlich für den Inhalt: netzwerkeins GmbH, Carsten Krome
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