Im Irmscher-Opel Vectra STW mit 303 PS durch die berühmten Craner Curves im Donington Park: Steffan Irmler (50) aus Drebber steht dieses motorsportliche Abenteuer unmittelbar bevor. Am Mittwochmorgen sind der Rennfahrer aus Niedersachsen und sein Team schon zum zweiten Mal in diesem Jahr ins Vereinigte Königreich aufgebrochen, um am Dunlop Saloon Car Cup teilzunehmen. Die Aufgabenstellung ist so klar wie eindeutig umrissen: Bloß keine Antriebswellen kaputtmachen – es gibt keine mehr! Carsten Krome mit einem Situationsbericht vor dem Rennen in der Grafschaft Leicestershire.

Donington Park, das liegt in den britischen Midlands, in der Grafschaft Leicestershire, unweit der Stadt Ashby de la Zouch – ein typisch englisches Idyll. Doch der schöne Schein trügt. Denn die etwas mehr als vier Kilometer lange Rennstrecke mit ihren berühmt-berüchtigten Craner Curies hat es in sich. Enge Haarnadelkurven und extrem schnelle Mutpassagen wechseln einander ab. Besonders bei Regen kann es kritisch werden. Dann ist das Feingefühl der Piloten gefragt wie nirgendwo sonst. 1993 schrieb Ayrton Senna da Silva bei solchen Verhältnissen Rennsport-Geschichte. Mit dem leistungsmäßig gegenüber den favorisierten Williams-Renault deutlich unterlegenen McLaren-Cosworth turnte der Brasilianer in einem Parforce-Ritt am gesamten Feld vorbei zum Sieg und zum Streckenrekord. Seine Leistung gilt bis heute als die bemerkenswerteste Darbietung des Maestros aus Südamerika.

Solches hat Steffan Irmler mit dem 303 PS starken Irmscher-Opel Vectra STW des Jahrgangs 1998 sicher nicht geplant, doch er weiß: Im britischen Dunlop Saloon Car Cup unterscheiden sich die Sitten und Gebräuche durchaus vom hierzulande gewohnten. Es wird hart, aber fair um jeden Meter gekämpft – und im Infight auch schon einmal an der Karosserie des Vordermannes angeklopft – oder der vorausfahrenden Dame, denn mit Abigail „Abby“ Eaton mischt auch auf eine professionelle Rennfahrerin mit. Diese Form des Kontaktsports fasziniert Steffan Irmler, dessen effizienter Fahrstil an die klassischen Festivals der Formel Ford 1.600 in Brands Hatch erinnert. Eigentlich sollte er mit dem 21 Jahre alten Zweiliter-Supertourenwagen zurückstecken, denn das eingesetzte Material ist so selten wie empfindlich – eine Gratwanderung.

In Silverstone zeigte sich, dass die harte Fahrweise zum Beispiel den Gelenken der Antriebswellen arg zusetzt. Der Opel Vectra STW wird ausschließlich über die Vorderräder angetrieben, jeder Kontakt mit einem der Randsteine, noch dazu bei Lenkeinschlag, birgt ein Ausfallrisiko. Da die Opel-Teams zu Zeiten der STW, der Supertourenwwagen-Meisterschaft, mit den Ersatzteilbeständen bewusst knapp kalkuliert haben, tendieren die frei verfügbaren Restbestände inzwischen gegen null, und das europaweit. Auch im Kollegenkreis sind die letzten Schätze gehoben. Die Konsequenz: Kernkomponenten wie Antriebswellen oder auch nur die Gelenke müssen nachgefertigt werden, und das dauert natürlich. Längst hat Steffan Irmler eine größere Zahl neuer Wellen in Auftrag gegeben –und am Eigenbestand vor der Abreise nach Donington eine letzte Revision durchgeführt. „Wir haben unsere letzten Gelenke verbaut, die wir noch hatten, nun darf nichts mehr passieren.“

In Silverstone war es vor drei Wochen zu einem entsprechenden Schaden gekommen, dennoch hatte der erfahrene Opel-Spezialist beide Rennläufe über jeweils 20 Minuten ohne einen Ausfall abschließen können. Er ist sich sicher: „Normalerweise hält ein frisch revidierter Satz eine ganze Saison, und davon gehe ich jetzt einfach mal aus.“ Seine Mannschaft teilt die Zuversicht, in einer Wochenendschicht hat sie das Fahrwerk auf das besondere Profil der Strecke im Donington Park eingestellt. „Wir haben uns intensiv mit Fahrzeughöhe, Spur und Sturz beschäftigt“, berichtet Steffan Irmler, und er weiß: „In den schnellen Craner Curies wird die nicht angetriebene Hinterachse stark entlastet. Jeder noch so kleine Lastwechsel kann zu einem plötzlichen Ausschwenken des Fahrzeughecks führen, und besonders viel aerodynamischer Abtrieb steht zum Ausgleich nicht zur Verfügung. Ein Heckflügel ist zwar vorhanden, er muss aber in einer fest vorgegebenen Montageposition verbleiben und darf von Reglementswegen nicht verstellt werden. Damit ist sein Wirkungsgrad eingeschränkt – vor dieser Herausforderung stehen alle anderen im Starterfeld genauso!“

Die Summe all dieser Aspekte lässt die Reise über Hoek van Holland und Harwich in die brischen Midlands zu einem wahren Abenteuer des Motorsports werden. Die beiden Rennen finden am Pfingstwochenende statt, die Rückkehr des Teams nach Drebber im Landkreis Diepholz ist für den späten Montagabend vorgesehen. Die Prognose: Eine Gesamtplatzierung unter den ersten Zehn wäre bei zwei Dutzend einheimischen Konkurrentinnen und Konkurrenten ein voller Erfolg.

Verantwortlich für den Inhalt: Carsten Krome Netzwerkeins

English version:

At the heart of british motorsport: Steffan Irmler throws himself into the adventure of Donington Park – Dunlop Saloon Car Cup, second race.

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